Ochs im Glas, Teil 14: Epilog

FLORIAN HOLZER | 16.06.2014

Der Bauernhof im Kamptal ist jetzt wieder aufgeräumt. Der Ochs ist verkocht, die Gläser sind etikettiert, Nowak streute Samen und hofft, dass das Gras dort, wo unser Küchentisch stand, je wieder wächst. Unser Projekt „Ochs im Glas“ war medial ganz schön stark vertreten, heute sogar im ORF, in der Sendung Leben Heute (tvthek.orf.at/program/heute-leben/4660213/heute-leben/8060534). Was wir denn mit all den Gläsern machen werden, wird oft gefragt. Zurecht, denn verkaufen dürfen wir’s nicht (keine Konzession und die Rahmenbedingungen der Herstellung entsprachen auch nicht gerade der ISO-Norm), selber essen wollen wir’s wohl auch nicht – wobei Ingo Pertramer da schon verlauten ließ, dass er von nun an nur mehr eingerextes Rindfleisch essen werde. Wird wohl ein Event geben, wird wohl viel an Freunde verschenkt werden, wird wohl um Spenden gebettelt werden.

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Und was hab ich daraus gelernt? Viel. Erstens, dass sich ein Tier sehr bald zu einem Stück Fleisch verwandelt, sobald der Kopf und die Füße abgeschnitten, die Innereien entnommen und die Haut abgezogen sind. Der Augenblick der Tier-Fleisch-Mutation war für jeden von uns ein bisschen anders definiert, bei mir war es wohl der Zeitpunkt, da Pansen und Gedärm heraußen waren und quasi nur mehr „Essbares“ am Stück hing. Übrigens ein großer Irrtum.

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Denn was ich zweitens lernte: So ein großes Rind mit seinen 700 Kilo besteht zum allergrößten Teil aus Haut (unglaublich schwer, sicher 100 Kilo), Knochen und Fett. Und nein, man kann aus Knochen nicht beliebig Suppe Kochen, wie wir eigentlich dachten, pure Knochensuppe ist quasi ungenießbar, gute Rindsuppe braucht Knochen und auch reichlich Fleisch. Und mit Rinderfett kann man sicher so einiges machen, zum Verzehr ist es nicht wirklich geeignet. Und wenn man glaubt, jetzt hat man alles Fleisch säuberlich pariert und verarbeitungsbereit, gehen immer noch 25% Abschnitt weg. Wahnsinnig frustrierend.

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Was ich mir in den vergangenen Tagen (in denen ich hauptsächlich Gemüse, Fisch und Geflügel zu mir nahm) überlegte, nach welchem der eingerexten Gerichte mich derzeit am meisten gelüstet, was ich am ehesten wieder essen könnte? Wir hatten Bruckfleisch und Beuschel, Rahmherz und Blutwurst, Niere in Sherry-Sauce, Zunge in Erbsencreme, Leberknödel und Leberragout, Backerl in Rotwein-Sauce und Ochsenschwanz-Ragout mit Schokolade. Wir hatten Filet in Karottencreme, Tafelspitz in Suppe, jede Menge Gulasch, jede Menge Sugo, Schulterscherzel in Spinat, Züricher Geschnetzeltes, Rindsrouladen, grünes Thai-Curry, drei Chilis con Carne und Pastrami. Öha, und Beinfleisch in Kohl und Irish Stew! Und wahrscheinlich noch ein paar, an die ich mich jetzt aber nicht mehr erinnern kann.

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Meine Favoriten derzeit sind das Curry, das Chili, Pastrami und die Rouladen, muss ich sagen. Würd ich mir sofort ein Glas aufmachen. Zunge mit Erbsen und Sugo wahrscheinlich auch bald, Bruckfleisch braucht noch ein bisserl. Ich bin jedenfalls nicht Vegetarier geworden – was ich im Vorfeld nicht ausschließen konnte. Ich hab viel mehr die Scheu vorm Umgang mit sehr großen Stücken Fleisch verloren. Wir haben uns auch kaum verletzt, wovon ich eigentlich überzeugt war, dass es passieren würde. Kaum Schnitte, ein paar Brandblasen, ein paar Blasen vom Umrühren. Verspannte Genicke und krumme Rücken. Nehmen wir in Kauf. Schließlich werden wir ja reich und berühmt, wenn das Ding dann fertig geschnitten ist. Dann kommt Ochs im Glas, der Film. Mit Brad Pitt.