Ochs im Glas, Teil 13: Schärfe!

FLORIAN HOLZER | 12.06.2014

Letzter Koch-Tag am Set in der Waldviertel-Idylle. Wir haben noch kleine und große Gab, je zwei mal, zwei Weiße Scherzeln, einen Brustspitz und eine Beiried. Klingt nach nicht wenig, passt aber in eine Fleischer-Kiste. Programm für diesen Tag: Drei Männer kochen drei Chilis, jeder das Seine, ich das Beste.

Zuvor holten wir aber die vier Stück Pastrami aus dem Räucherofen, die wir vor einer Woche in Pökelsalz, Traubenzucker und Gewürz massiert und fünf Tage mariniert hatten. War aufregend, muss ich sagen. Weil Pastrami ist mir ja erstens nicht wurscht und zweitens hab ich da ja meinen kleinen, internen Contest mit Matthias Zykan. Also aufschneiden, Anschnitt kosten, verdammt salzig, aber klar. Und dann der erste Blick: perfekt gerötet, das Fett hat sich rausgeschmolzen, die Stücke sind weit magerer als erwartet. Und sehen grandios aus. Also so wie Pastrami. Irgendwie nicht ganz so locker-mürbe, aber besser als fast alle Pastramis, die ich in Wien bisher gekostet hatte. Es kamen dann übrigens auch Nachbarn und Set-Besucher und alle waren ziemlich von den Socken wie gut das war.

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Und dann Chili. Wir hatten unterschiedliche Herangehensweisen. Pertramer nahm sich selbst aus dem Spiel, indem er meinte, ein Kinder-Chili machen zu wollen, also so, wie seine Kinder das mögen, mit Faschiertem und ohne Scharf. Was ein Ansatz ist, aber keiner, dem Nowak und ich irgendwas abgewinnen konnten. Ich hatte im Zuge der Recherche erfahren, dass solche „Chilis“ gerne auch mit Cola aufgegossen werden (was nicht unlogisch ist, weil etwas Zucker im Chili erstens kein Fehler ist und es zweitens eh schon wurscht ist), ich warf ihm die Information hin und Ingo, der Pertramer, nahm sie dankbar auf.

Nowak indes besetzte diesmal die Rolle des Puristen, indem er einem Rezept des Louisiana-Kochgurus Justin Wilson folgte und sein Fleisch nur mit Speck, Paprika und Habaneros verheiratete, weil das Rezept ja „Chili con Carne“ hieße, sagte er, und nicht „Chili con Carne und sonstnochwas“. Interessanter Ansatz, fürwahr, allerdings halte ich es für frivol, auf die bindende Wirkung zerkochter Bohnen zu verzichten. Aber egal, weil dann kam mein Chili, die Mutter aller Chilis:

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Fleisch, in nicht zu dünne Streifchen geschnitten; viel Zwiebel, viel Knoblauch, viel rote Pagprika-Schoten, runde und lange. Und dann Bohnen, schwarze Bohnen aus Mexiko, vorgekocht in der Dose; und dann die dezente Würze: getrocknete Anchos, getrocknete Sechos, fermentierte Schoten, die ein bisschen wie Dörrzwetschken schmeckten, und getrocknete und geräucherte Chipotles. Für die weniger dezenze Würze sorgte eine Dose erschütternd guter eingelegter Chipotles und scharf-saurer Sauce, die während der Stunden im Kessel und über dem Lagerfeuer mit den Bohnen verschmolz und zu einer rauchigen Cremigekeit mutierte, die schon Spaß machte. Noch eineinhalb Flaschen Rotwein rein und dann dick und cremig werden lassen.

Wir schritten zur Verkostung und Bewertung. Ich gab Nowaks Puristen-Chili, das etwas fett und flüssig war, 4/5 Punkten, Pertramers Kinder-Chili, in das er tatsächlich auch noch Mais reingegeben hatte, freundlicherweise 3/5 Punkten, weil es immerhin der Mehrheitsmeinung darüber entsprach, wie Chili zu sein hatte, ein Studenten-WG-Chili quasi, von Dosenware nur schwer unterscheidbar. Meinem Chili gab ich auch 4/5, aber nur, weil ich so bescheiden bin.

Dort, wo ich all die wunderbaren Zutaten gekauft hatte, bei Chilli-Gourmet am Spittelberg (https://www.facebook.com/ChilliGourmet), hatte ich übrigens auch eine 30er-Packung herrlicher Tortillas erworben, in die wir uns die Reste der Kocherei einfüllten.

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Jetzt ist jedenfalls alles verkocht. Der ganze Ochs. Drei Wochen lang. Hunderte Gläser. Morgen noch letzte Aufnahmen, Schluss-Sequenzen. Habe abgenommen. Und bin froh, wieder nach Wien zu kommen, wo man zu Fuß zum Bankomaten gehen kann und ums Eck alles Lebensnotwendige und sogar ein bisschen kulinarischen Luxus bekommen kann.