Ochs im Glas, Teil 12: Zwei mal Grün. Und Bienen. Und Fische

FLORIAN HOLZER | 12.06.2014

Turbulenter Tag gestern. So turbulent, dass ich erst jetzt, am Nachmittag des nächsten Tages, zum Schreiben komme. Aber eins nach dem Anderen. Drei Gerichte, denen einerseits mein Herz gehört, und die andererseits zu den wahrscheinlich eher aromatischeren unserer Glas-Gerichte zählen werden: Gefüllte Paprika, Grünes Curry und – yeah! – Pastrami.

Zu den Gefüllten Paprika muss an dieser Stelle einiges geklärt werden, wovon ich überzeugt bin, dass es auf Widerstand und Ablehnung stößt, was aber nichts daran ändert, dass ich recht habe. Erstens: Gefüllte Paprika müssen aus grünen Paprika gemacht werden. Ja, ich weiß, grüne Paprika sind ein unwürdiges, weil unreifes Gemüse, haben uns seit Jahrzehnten dieses unangenehme Schoten-Rülpsen verursacht und haben keinerlei Berechtigung, außer reif und rot/gelb zu werden, oder eben das Schicksal des gefüllten Paprika zu ereilen.

Und jetzt kommt’s: Reis hat in der Fülle eines gefüllten Paprika nichts zu suchen. Ja, ich weiß, Omi hat’s auch immer so gemacht, aber Omi war halt Aufbaugeneration, und damals nach dem Krieg hatten wir ja nichts, und so. Reis im Gemüse ist in Griechenland und in der Levante völlig okay und dort so üblich, der Wiener Gefüllte Paprika indes braucht ihn nicht. Schon gar nicht in der 1:1-Variante, Beilage in der Hauptspeise, wäh.

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Okay, wäre das mal geklärt, und auch wenn mir Pertramer und Nowak nicht zustimmten, so taten dies die diversen Einrex-Bücher, die das Einrexen mit Reis streng verboten, warum auch immer, Wasser auf meine Mühlen. Das Faschierte – Pertramer nahm dazu die übrig gebliebene Schale – kam mit Zwiebel, Majoran und ein bisschen Weißwein in die sehr große Pfanne, in der auch die Paprika zuvor ein leichtes Tanning (eher Burning) verpasst bekamen (da wir sie nicht im Rohr braten konnten, aber halt nicht auf das Aroma der Paprika-Röstung verzichten wollten). Nowak machte eine ziemlich gute Paradeiser-Sauce und gut war’s.

Nächstes Gericht: Thai-Curry grün, Rindfleisch-Variante. Ich hatte am Samstag in Wien jede Menge fantastisches Grünzeug im besten, mir bekannten Thai-Laden Wiens gekauft (Thai Shop kunanon Lertyaso, Schweglerstr. 19/1, 1150 Wien), was zwar ein bisschen gegen unser Prinzip der kurzen Wege sprach, aber Thai-Basilikum und Thai-Auberginen gibt’s im Lagerhaus von Gars am Kamp halt nicht. Auberginen in Erbsgröße, Auberginen in Marillen-Größe, Auberginen in Tomaten-Größe, frischen, saftigen Galgant, Thai-Basilikum, Koriander, Korianderwurzeln, Chili-Schoten, Lemongrass, zwei Packerln frischer Curry-Paste (die ungefähr alle zuvor genannten Bestandteile enthielt), drei Liter Kokosmilch, Fischsauce und Krabben-Paste. Herrliche Ware. Als fleischliche Entsprechung nahmen wir Rostbraten, in nicht zu feine Streifen geschnitten. Es wurde viel, es wurde scharf und es wurde – dank der Krabbenpaste – gar nicht so sehr grün. Egal. Es war großartig.

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Aufgehalten wurden wir übrigens durch zwei weitere Bienen-Schwärme, die gerade Nowaks Scheune dazu auserkoren hatten, hier ihren Schwarm-Zapfen zu bilden. Nowak stieg in seinen kugelsicheren Imker-Anzug und dann auf die hohe Leiter, alles bei etwa 40° im Schatten, versuchte den Schwarm zu ernten, was irgendwie nicht so ganz hundertprozentig gelang, wie wir alle mitbekamen, weil dann erst wieder 8000 Bienen durch die Luft wüteten (ein Stich Peter Sihorsch, Regisseur, ein Stich Hanna Gassner, Assi und Set-Fotografin). Gingen wir halt einstweilen Fischen, weil wir eh alle kein Fleisch mehr sehen können.

Wobei: Fischen ist da bei diesem Fischzucht-Betrieb außerhalb von Gföhl nicht so ganz der richtige Ausdruck. Vielmehr bekommt man eine Angel geliehen, montiert ein Stück Dosenmais am Haken, wirft die Angel aus und spätestens zwei Minuten danach hängt eine Forelle dran. Zumindest, wenn man weiß, dass man da zuerst so einen Drahtbügel nach vorn oder nach hinten oder was weiß ich kippen muss und dass, wenn der Fisch angebissen hat, man die Angel lüpfen muss, damit sich der Haken festkrallt. Stand alles nicht auf der Angel drauf, und obwohl ich da ein ziemliches Gwirx mit der Leine hatte, war bald eine Forelle dran, die man dann an den Kiemen packen und ihr mit einem Holzprügel eins auf den Kopf geben muss. Nichts gegen einen Ochsen, aber kaum weniger blutig. Bei der zweiten Forelle riss mir dann noch die Angelleine, Regisseur und Besitzer der Freifischer-Karte Jakob Kubizek machte sich jedenfalls fast in die Hose vor Lachen. Egal, hatte zwei, kamen wegen Platzregen nicht aufs Lagerfeuer, sgondern in Folie ins Rohr, waren eh gut.

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Pastrami wurde den ganzen Tag über in Nowaks Hightech-Räucherofen über Mesquite-Holz geräuchert, wir strebten eine Kerntemperatur von 70° an, Rauch-Temperatur 120°, vier Stunden. Zum Kosten kamen wir gestern nicht mehr, sah aber großartig aus. Sah aus wie das beste Pastrami, das ich in Österreich je zu sehen die Ehre hatte.