Ochs im Glas, Teil 9: Wir sind New Yorker!

FLORIAN HOLZER | 05.06.2014

Heute war das Fernsehen da. Und die Zeitung. Sigrid Smejkal mit Kamerateam vom ORF/Leben heute und Katja Oberauer von TV-Media. Wir überlegten, was man da kochen könne, was die Menschen beeindruckt, sie von der Qualität des Fleisches überzeugt, mit dem wir arbeiten, unsere Message punktgenau rüberbringt und außerdem unter Beweis stellt, dass wir die voll guten Köche sind. Also besser was Leichtes: Stew. Erdäpfel, Kohl (bekamen wir im Umkreis leider gerade nicht, nahmen also Kraut. Stew verzeiht das), Karotten, Schwarzbier, viel Schwarzbier, Zwiebel, Knoblauch und Rindfleisch. Wir nahmen Rostbraten, ähem. Ja, das sind nicht die Momente, in denen einem das Einrexen leicht von der Hand geht.

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Man muss allerdings sagen, dass das Stew unglaublich gut wurde, die zartsüße Malzigkeit des Bieres, die Erdäpfel, die sich mit dem Saft ansoffen, das Kraut, das sich in schmelzige Creme verwandelte und die Fleischbrocken waren hinreißend. Haben wir am Abend dann auch noch mal gegessen. Die Presse-Menschen waren jedenfalls begeistert, zumindest erweckten sie den Eindruck, wir bekamen Lob für ungetrübten Enthusiasmus, astreine Authentizität und deutliche Formulierung. Der Kameramann war ein bisschen überfordert, weil wir die Suppe, die wir für die Kamera aufsetzen sollten, so unendlich schnell machten. Ja, Suppe machen können wir mittlerweile.

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Und dann ein schwieriges Kapitel, die Herausforderung unter den Herausforderung, der K2 unter den Aufschnitten, in Österreich bisher nicht erklommen: Pastrami. Pastrami ist so unglaublich herrlich. Gepökelte, stark gewürzte und dann heiß geräucherte Rinderbrust, dünn aufgeschnitten und mit scharfem, gelbem Senf auf getoasteten Roggenbrötchen serviert – sehr viel besser geht fast nicht. Nein, nicht mal Zunge. In New York gilt Pastrami als der Inbegriff jüdischer Snack-Kultur, Lokale wie Katz’, in denen seit hundert Jahren unermessliche Berge von dem fetten, heißen Zeug auf die Brote geladen werden, sind Kult, in der „Fetten Sau“ bekommt man den Wonnebrocken sogar frisch aus dem Smoker.

In Österreich bekommt man Pastrami irgendwie gar nicht. Es gibt zwar immer wieder ambitionierte Versuche, das dieses herrliche Zeug bei uns allerdings kaum bekannt ist, wird es nicht aus der fetten Rinderbrust erzeugt, wie es sein muss, sondern aus dem sehr viel magereren Kamm, um zumindest irgendwie als „Rindersaftschinken“ durchzugehen und damit ein breiteres Publikum anzusprechen. Eine Tragödie!

Ich habe mit meinem lieben Freund Matthias Zykan seit geraumer Zeit eine Wette laufen, wer das bessere Pastrami auf die Beine stellt, insofern war mir der heutige Tag nicht ganz unwichtig. Was für meinen Triumph sprach: das grandiose Fleisch, vollendet von Fett durchzogen, mit kernigem Fett abgedeckt, perfekt; ein Kühlwaggon mit 1°C Raumtemperatur, wo das Ding drin Pökeln kann; ein eher groß dimensionierter Räucherofen. Was gegen meinen Triumph spricht: Thomas Nowaks Mörser ist nicht wirklich funktionstüchtig; wir hatten keine Chilis mehr; und wir fanden im Netz nur Rezepte, die von dreiwöchiger Pökelung fantasierten. Wir haben aber keine drei Monate mehr!

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Nowak fand dann noch eine dreitägige Variante, ich mörserte mir mit dem maroden Napf die Hand blutig und das Gefühl, diese Unmengen an Pökelsalz, Knoblauchpulver (ja, leider), Koriandersamen, Kreuzkümmel, Paprika, Pfeffer und noch ein paar Geheim-Zutaten, die ich Zykan hier natürlich nicht verraten werde, in das fette Fleisch zu massieren, was schon fast sexuell, muss ich sagen. Wir werden es nächste Woche räuchern und die Chance, dann das beste Pastrami Österreichs zu haben, ist nicht gerade gering, glaub ich. If you can get it there, you can get it anywhere!