Der Cola-Zero-Bringenlasser. Neues von der Staatsoperette

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 1012

Armin Thurnher
am 15.05.2023

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Screenshot: © Spiegel.de

Im Park Hyatt, wo auch Strache und Gudenus verkehren, sitzt ein sichtlich tiefenentspannter Mittdreißiger und lässt sich erst einmal eine Cola Zero mit Eis und Zitrone kommen. Er erzählt von seinem neuen Leben als global aufgestellter Unternehmer und davon, wie sehr ihn die neuen Aufgaben reizen: »Ich bin wahnsinnig begeisterungsfähig«, sagt er.

Global aufgestellter Unternehmer, das kann nur einer sein. Global aufgesteilt, Global aufgestellt. Und so saucool einfach mal ne Cola Zero mit Eis und Zitrone kommen lassen, das schafft auch nicht jeder. Zumal im Park Hyatt. Probieren Sie das mal: setzen Sie sich ins Park Hyatt, wo übrigens auch Strache und Gudenus verkehren – die Zeche für Strache müssen jene Mitleidigen zahlen, die für ihn noch immer spenden – und lassen sie sich erstmal eine Cola Zero mit Eis und Zitrone kommen.

Wer weiß, was da bei Ihnen kommt. Ich kann es Ihnen sagen: eine Cola Zero mit Eis und Zitrone. Dann schauen Sie dieses Tablett mit dem Getränk durchdringend an, heben den Blick zu ihrem Gegenüber, der Ihnen gespannt zugesehen hat, jede Einzelheit notierend, und sagen einfach mal, unterstrichen von einem Cola-Zero-eisigen Blick: »Ich bin wahnsinnig begeisterungsfähig!«


Ja, da merkt der, es sitzt ihm ein Mann von Welt gegenüber, ein Mann aus vielen Welten. Das Cola, nein die Cola steht für den amerikanischen Imperialismus, als dieser noch gut war. Dort wollen, nein dort müssen wir ihn wieder hinbringen. MAGA macht ihn wieder gut, sagt der Rufonkel unseres Cola-Zero-Bringenlassers. So denkt der Mann von Welt eben, wenn auch Strache und Gudenus nahebei verkehren.

Das Zero steht übrigens nicht für die schwarze Null, sondern für die schlanken Strukturen, die wir dabei brauchen, die Arbeiterklasse hat zu viel Fett angesetzt, deswegen sterben ihre Angehörigen jetzt früher als früher. Dafür kann man sich schon wahnsinnig begeistern, aber bei all dem gilt es cool zu bleiben, denn – die Zitrone deutet es an – es geht beim Projekt MAGA nur um die Oberschicht, die Mittel- und die Unterschicht müssen zurück in Richtung Südland, in Richtung Shithole, wie das der Rufonkel, das politische Vorbild des Cola-Zero-Bringenlassers so unnachahmlich ausgedrückt hat.

Und die Eiswürfel? Sie symbolisieren die klirrende Coolness, mit der das alles vonstatten zu gehen hat. Unser Mann ist wahnsinnig begeisterungsfähig für kühle Kommunikation mit Symbolen. Cool gelogen wird vorgezogen, im Park Hyatt in Wien, Washington, Dubai oder Tel Aviv. Ohne Eis trinkt man die Cola Zero deshalb nie, das hat Jared von Anfang an klargestellt. Ohne Eis ist man kein „Global Strategist“, da ist man kein Cola-Zero-Bringenlasser, ohne Eis, da bringt man’s einfach nicht.

Was so ein Global Strategist macht, wenn der Tag lang ist? Er geht in eigener Sache in die Offensive. Spürbar in die Offensive. Diese Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist ein lokales Phänomen, aber von globaler Relevanz. Wo kommen wir denn hin, wenn MAGA dauernd von kleinlichen Rücksichten gebremst wird? Und wenn es darum geht, dass uns die US-Wahlen gestohlen werden, wo ist sie denn dann, die WKStA? Die manipuliert Zahlen und fälscht Statistiken, klein fängt es an, dagegen muss man spürbar in die Offensive gehen und darauf hinweisen, dass auch anderer Mütter Söhne inseriert haben. Umfragen fälschen lassen? Ich bitte sie. Das ganz ist nur ein Missverständnis, er ist ein guter Junge, Tant Susi hat das kürzlich in einem Trend-Interview klargestellt, umgab sich nur mit den falschen Leuten.


Inzwischen sind wir in seinen Firmensitz hinübergegangen, wo sich endlich die richtigen Leute versammelt haben, die Köstinger, der Blümel, der Bonelli und wie sie alle heißen. Das herrschaftliche Palais ist zwar nur die ÖAMTC-Zentrale, eine gelbfarbene motorisierte  Vorfeldorganisation der ÖVP, aber nützlich, zweifellos nützlich. Die Herrschaft des Autos währt noch lange.

Dort, im autoherrschaftlichen Palais umgibt sich der Cola-Zero-Bringenlasser nicht nur mit seinen Old-Boys und Old-Girls, sondern mit Experten, die ihm schnell mal eine Due Diligence liefern können, so schnell wie eine Cola-Zero mit Zitrone und Eis, der Mann kauft ja eine Firma nach der anderen, dazu braucht er Gutachten. Geld hat er, wer reiche Freunde hat, der hat auch Geld, wer keine hat, ist Unterklasse und selber schuld, wenn er nur Schulden hat.

Und was ist sonst noch da? Wer Due Diligences braucht, der braucht auch Gin. Am neuen Firmensitz, einem herrschaftlichen Altbau an der Wiener Ringstraße, bewegt sich unser Mann zwischen moderner Kunst und einem Beistellwagen. Die moderne Kunst ist naturgemäß ein Nitsch, und auch der Beistellwagen hat’s in sich oder besser auf sich: nur edlen Gin. Öffentlich Cola Zero, im Büro edler Gin.

Wer möchte einen derart weltläufigen, herrschaftlichen Typen nicht möglichst schnell wieder als Kanzler haben?

Ich nicht.

Er will es auch nicht, sagt er, cool wie Cola Zero, edel wie Gin. Zuvor aber muss er den Rufmord beenden, den die WKStA und solche wie ich an ihm versuchen, muss seine Lebensgefährtin und den Sohn ins Schlepptau nehmen und aufbrechen. Zu Geschäftsterminen im Ausland. Mit Cola Zero, Eis und Zitrone.

Diese Kolumne  besteht zum Teil aus wörtliche Zitaten aus dem Spiegel-Artikel „Ist die Ibiza-Republik noch zu retten?“ (Spiegel 20/2023)


Im Übrigen bin ich der Meinung, man muss die Wiener Zeitung vor der Regierung retten.


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Was wir aus der Pandemie gelernt haben könnten: Distanz kann nicht schaden, halten Sie Ihre Impfungen up to date, Händewaschen ist nie falsch, benützen Sie Masken, wenn es sich empfiehlt, und bleiben Sie rücksichtsvoll. Ihr Armin Thurnher

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