KPÖplus in Salzburg – kannst du nicht erfinden

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 996

Armin Thurnher
am 24.04.2023

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Als ich vor ein paar Wochen bei ATV/Puls 24 zu Gast bei meinem Lieblingsmoderator Meinrad Knapp war, ging es auch um die Salzburg-Wahl. Ich wies darauf hin, dass die KPÖ nicht unterschätzt werden solle, hatte aber nur eine der spärlichen Umfragen als Stütze für meine Aussage, und ein paar schüttere Informationen über den jungen KPÖplus Vorsitzenden Kay-Michael Dankl, der alle Ingredienzien eines guten Populisten zu haben schien. Moderator und Mitdiskutantinnen blickten mich recht belustigt an und betrachteten meine Äußerung als wichtigmacherisches Punkteschinden.

Nun wissen wir es besser: elf (11) Prozent und vier Mandate für die KPÖplus bei den Landtagswahlen  in Salzburg; wenn man die Grünen und die SPÖ dazuzählt, sowohl mehr Stimmen für linke Parteien als für die ÖVP als auch für die FPÖ. Die Statements danach sagten alles; ein höflicher, wohlartikulierter und glaubhafter KPÖplus-Kandidat versus Phrasen auf allen Seiten. Da braucht man sich nicht zu wundern.

„Bablers Rezept gegen den Verfall der Sozialdemokratie ist ein back to the roots – eine Rückbesinnung, eine Rückkehr zu den Quellen, als diese noch eine sprudelnde politische Energie bedeuteten. Wo Leidenschaft, Kampfgeist, Authentizität noch unmittelbar und selbstverständlich waren. Aber all das ist heute nur mehr vermittelt zu haben – vermittelt durch ein sehr zeitgenössisches Element: die Identität. Genau das zeigen Bablers Auftritte: Er bürgt für sein Gegenmodell mit seiner Identität“ schreibt Isolde Charim im aktuellen Falter und trifft damit den Kern der Sache.

Man braucht das nicht auf die SPÖ zu beschränken. Möglicherweise kommt von der Ebene der Bürgermeister Erneuerung. Ich dachte das schon bei Elke Kahr (KPÖ, Graz). Man kann aber auch Kurt Fischer (ÖVP, Lustenau) nehmen, oder eben Andreas Babler (SPÖ, Traiskirchen): und neuerdings, obwohl er „noch nicht“ Bürgermeister der Stadt Salzburg ist, auch für den KPÖplus Chef Dankl. Seine Partei erreichte in Salzburg Stadt 21,8 Prozent und überholte die FPÖ (20,2 Prozent). Nur die ÖVP war stärker, aber nicht um sehr viel (24,4 Prozent). Die SPÖ erreichte gerade noch 16,9 Prozent.

Das Gerede von den politischen Rändern taugt da nicht viel. Hier hat einfach einer die Sprache und die Sorgen der Leute getroffen, und zwar der kleinen Leute. Deren Zahl, wegen Umverteilung nach oben, logischerweise stärker und schneller zunimmt, als es das die Wahrnehmung des gutbezahlten Kommentariats zulässt. Glaubhaft die Interessen der kleinen Leute zu vertreten bedeutete allerdings, selbst, persönlich-identitär nicht die Interessen der großen Leute zu vertreten.

Eine ÖVP, deren Spitzenleute nichts im Sinn haben, als beim Finanzkapital unterzukommen, ihr Vermögen zu vervielfachen und das noch Unternehmertum zu nennen, wird da nichts erreichen. Eine SPÖ, die ihre Glaubhaftigkeit von erfolgreichen Industriellen an der Spitze zu beziehen hofft, wird nicht weit kommen. Dass die FPÖ-Chefs in diesem persönlichen, identitäts-mäßigen Sinn keineswegs die Interessen der Kleinen vertreten, versteht die Konkurrenz bloß nicht zu kommunizieren. Vorgänger Strache kommunizierte das auf Ibiza noch selbst. Und was die Repräsentanz der Grünen betrifft, kann man ruhig einmal fragen, ob es reicht, den Wolkenhimmel oder das eigene Fortkommen zu repräsentieren.

Kürzlich sagte der bekannte wirtschaftspolitische Großmeister Franz Schellhorn, Chef des industriefinanzierten Think Tanks Agenda Austria, dass die KPÖ gewählt werde, könne man nicht erfinden. Der Erfindungsgeist der Salzburgerinnen und Salzburger dürfte beträchtlich sein. Bedenkt man aber, dass nicht nur die Nachfolgepartei des Stalinismus punktet, sondern auch die indirekte Nachfolgepartei der NSDAP gleich doppelt, und wenn man bedenkt, dass das keinen wundert, kann man wirklich nur sagen: Kannst du nicht erfinden.


Im Übrigen bin ich der Meinung, die Regierung muss die Wiener Zeitung retten.


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Was wir aus der Pandemie gelernt haben könnten: Distanz kann nicht schaden, halten Sie Ihre Impfungen up to date, Händewaschen ist nie falsch, benützen Sie Masken, wenn es sich empfiehlt, und bleiben Sie rücksichtsvoll. Ihr Armin Thurnher

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