Morgen kommt der Lukas dran. Schuh, Koglmann, Resetarits, Teil 3.

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 995

Armin Thurnher
am 22.04.2023

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Foto: Katrin Werzinger

Die Woche strebt dem Höhepunkt zu. Meinem Höhepunkt. Genau genommen fand, sowie ich es sah, ein Höhepunkt nach dem anderen statt, zwei davon öffentlich. Mein Gespräch mit Franz Schuh über Anstandslos im Kreisky Forum, mein Duo mit Franz Koglmann in den Loos-Räumen des Wien-Museums, ebenfalls aus Anlass der Schuh-Jubeltage, das konnte man schon Highlights nennen.

Deshalb wurde darüber hier ausführlich gehandelt, wofür habe ich die S-Kolumne. Ein bisschen Urlaub von den Seuchen. Atemräume. Aber ich muss Ihnen verraten, es gab einen vierten Höhepunkt, der nicht öffentlich war, aber nichtsdestoweniger Öffentlichkeit verdient hätte. Ich war so egoistisch, ihn privat zu genießen, mit Lukas Resetarits und seiner Frau Katrin Werzinger.

Wir trafen uns, um das Programm unserer Matinee am Sonntag zu besprechen. Der Termin fand im Café Prückel statt, aber er war gleichsam My Own Private Matinee. Lukas kann nämlich eines nicht: nicht lustig sein. Da er bekanntlich Weltmeister in Improvisation ist, wird auch die Vorbesprechung zum Programm. Die Wuchteln kullern nur so aus ihm heraus. Man macht sich alles mögliche aus und weiß doch ganz genau, auf der Bühne wird es ganz anders. Die Gags sind nur für uns, pure Verschwendung aneinander. So mag ich das Leben.

Auch vor dem letzten Programm hatten wir uns besprochen, und was soll ich Ihnen sagen? Hätte ich mir eine To-Do-Liste aufgeschrieben, ich bin sicher, die wäre noch vollständig abzuarbeiten. Der Arbeitstitel unseres ersten Auftritts lautete ja: In unserer beider Leben gibt es erstaunliche Parallelen, lass sie uns besprechen. Nun weiß man, dass parallele Linien sich im Unendlichen treffen, warum, habe ich nie verstanden, aber ich weiß, dass die Parallelen in unserer beider Leben gesprächsmäßig keineswegs erschöpft sind.

Zum Beispiel hatten wir geplant, über die hippieartigen Ab- und Irrwege in unserer Jugend zu sprechen, das haben wir nur andeutungsweise getan. Vom Theater war ein bisschen die Rede, aber über Leute, die unser beider Leben bedeutsam kreuzten, redeten wir überhaupt nicht. Peter Oswald zum Beispiel war so ein Fall, der bedeutende Musikkritiker des Falter, der großartig-enthusiastische Vermittler neuer Musik. Und außerdem der Pianist in Lukas˚ allererstem Programm. Oder Heinz Rudolf Unger, bekannt als Autor der Proletenpassion, Lyriker, Dramatiker und feiner Mensch. Dass ich das hierher schreibe, ist natürlich keine Garantie, dass sie auch wirklich zur Sprache kommen, die beiden.

Immerhin haben wir beide inzwischen Bücher veröffentlicht, Lukas „Krowod“, ich „Anstandslos“, warum sollten wir nicht darüber reden? Wir sollten darüber reden, wir haben es uns vorgenommen, aber, siehe oben.

Eines ist allerdings gewiss: über den Willi werden, ja müssen wir reden. Am Tag nach der Matinee ist sein erster Todestag, und noch immer will man nicht recht glauben, dass er nicht mehr da ist. Lukas erzählte, er habe aus diesem Anlass viele Anfragen von Interviews zurückgewiesen, er wolle sich da nicht benützen lassen. Als ich vorschlug, wir sollen den Todestag doch zum Anlass nehmen, über Willi zu reden, willigte Lukas begeistert ein.

Es kommt einem merkwürdig vor, aber in einer Welt, die sich aufzulösen scheint, in der man Wahnsinn sieht, wohin man schaut, kommt einem der Tod wie ein fester Anker vor. Etwas, auf das wir uns verlassen können!

Ich meine, Fellner und Schmitt und all die anderen werden nach wie vor mit Regierungsgeld gemästet, und die Wiener Zeitung wird gekillt. In Niederösterreich kommen sie aus der Landbauer-Falle nicht mehr heraus, und Kickl fühlt sich schon als Kanzler. Die SPÖ taumelt zwischen Aufbruch und Abbruch, die Grünen danken ab, und die Kurzisten sammeln sich im ÖAMTC-Haus zur neuen Autopartei. Gelbe Verbrenner überall.

Ganz woanders streben die Silicon-Valley-Tycoons mit aller Macht danach, selbst dem alten Freund Hein ein Schnippchen zu schlagen, indem sie sich einfrieren lassen, in Superintelligenzen verwandeln oder sonstwie ins ewige Leben ausbüchsen.

Ich darf Ihnen nach meiner Woche der Alten Weißen Männer versichern: uns wird das nicht passieren. Falls Sie das nicht vom Besuch unserer Veranstaltung überzeugt, habe ich noch ein Argument: ausnahmsweise machen wir diesmal nicht selbst Musik. Das überlassen wir Willi Resetarits. Vortragen werden wir dennoch etwas. Lassen Sie sich überraschen!

Wenn Sie unsere Matinee fleißig besuchen und mit der U-Bahn kommend dem Wien-Marathon trotzen, machen wir es nächstes Jahr wieder. Es liegt also ganz bei Ihnen!

Stadtsaal, Mariahilfer Straße 81, 1060 WIEN

Morgen, Sonntag, 11 Uhr. Resttickets hier.

Beachten Sie bitte, dass Wien Marathon die Anfahrt nur per U-Bahn gestattet.

U3 Zieglergasse, Ausgang stadtauswärts links nehmen!


Im Übrigen bin ich der Meinung, die Regierung muss die Wiener Zeitung retten.


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Was wir aus der Pandemie gelernt haben könnten: Distanz kann nicht schaden, halten Sie Ihre Impfungen up to date, Händewaschen ist nie falsch, benützen Sie Masken, wenn es sich empfiehlt, und bleiben Sie rücksichtsvoll. Ihr Armin Thurnher

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