Das Rätsel Raab und der ORF-Rabatt

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 941

Armin Thurnher
am 15.02.2023

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Raab, lass nach! Foto: Wikipedia

Als die Medienunministerin Susanne Raab unlängst einige ihrer flachsigen Sprüchlein aufsagte, gab sie mir zu denken. Flachsig nenne ich ihre Sprüchlein nicht, weil sie so viel Sinn oder Witz am Knochen haben, sondern weil sie von Gerald Fleischmann stammen, dem Message-Schwarzkappler der Nation. Schwarzkappler nannte man früher die Kontrollore in der Wiener Straßenbahn, in Zeiten, als man so einer Kontrolle noch entgehen konnte, wenn man – wie es dem Autor in jungen Jahren mitunter geschah – auf eine menschlich gestimmte Ausgabe der Spezies traf. Dann sagte dieser Schwarzkappler etwa zu einem: „Bei uns haaßts renna oder brenna“, und schon rannte man.

Vor Frau Raab kann man nicht davonlaufen, denn die ist mit Bastibeton plus Inkompetenzkleber auf ihrem Posten eingegossen, und wer würde es wagen, diese Doppelversicherung in Frage zu stellen? Alle außer Karl Nehammer, selbstverständlich. Allerdings gebietet es der Respekt vor der Wahrheit zuzugeben, dass Frau Raab, gewiss als Abteilungsleiterin einer Behörde qualifiziert, über eine Eigenschaft verfügt, die sie für Höheres geeignet erscheinen lässt: Sie vermag es, öffentlich Rätsel aufzugeben.

Bei dieser mythischen Eigenschaft denkt man an antike Helden und an tragische Verwicklungen, und tatsächlich hat sich Frau Raab längst in einige Dinge verwickelt, aus denen man sie schleunigst wieder auswickeln sollte. In die Wahnidee zum Beispiel, die Wiener Zeitung mit einem Doppelschlag nicht nur zu zerstören, sondern auch noch ihre publizistische Idee zu verhöhnen. Einerseits, indem sie die älteste Tageszeitung der Welt vom Markt nimmt, und andererseits, indem sie ihr eine Journalistenausbildung überträgt, die sie per Subventionsgarantie direkt unter staatliche Kontrolle stellt. Beim Auswickeln könnten ihr ihre grünen Kolleginnen behilflich sein, wäre diese nicht längst selbst mitverwickelt. Blimlinger, Maurer, Raab, aus dieser tragikomischen Verstrickung könnte ein begabter zeitgenössischer Bildhauer gewiss die Darstellung einer neuen Medien-Laokoongruppe gewinnen.


Davon wird noch genug zu reden sein. Ein Rätsel, das uns Frau Raab aufgegeben hat, ist das Bild vom Geld, das nicht auf Bäumen wachse. Eine Partei, deren Ex-Kanzler es geschafft hat, mit dem Spruch „Koste es was es wolle“ das Geld abzuschaffen, zumindest für die eigenen Leut’, also für die Wirtschaft, und deren aktueller Kanzler gezeigt hat, dass er als Geschäftsführer die Partei zwar führen konnte, aber nicht wusste, was sie mit ihrem Geld tat, als sie die Wahlkampfkosten absichtlich zweimal überschritt, das heißt, sie wusste es, aber sie ging eben davon aus, dass das Geld auf den Bäumen wächst; von ihrem Ex-Finanzminister nicht zu reden, der mit der COFAG eine Struktur schuf, die vorbei an jeder Kontrolle mit Geld um sich warf, doppelter Gehalt für das geschäftsführende Buberl bis Helikopterkohle wiederum für unsere Wirtschaftstreibenden, für die das Geld nicht auf Bäumen wachsen muss, weil es vom Himmel fällt, ja so eine Partei weiß zweifellos mit Geld umzugehen. Um das zu wissen, muss man es nämlich erstens haben, zweitens anderen wegnehmen und drittens an die eigenen verteilen.


Nach diesem ökonomischen Zwischengrundkurs komme ich zu jenem Wort, das mich vor die größten Rätsel stellt: zum Wort „ORF-Rabatt“. Frau Raab verlangte tatsächlich einen ORF Rabatt. Ich habe noch einmal in der Kronen Zeitung nachgesehen, sie sagte es so. Der Legende nach ist das Wort aus der Überlegung entstanden, nach dem Kaufhaus Österreich ein weiteres Erfolgsprojekt zu digitalisieren, ein Geld-Baum-Projekt unter der Adresse „Raab.at“. Daraus, dass folgsame Sekretäre es litaneimäßig aufsagten, entstand zwingend das Wort „Rabatt“.

Nun ist ein Rabatt ein Preisnachlass. Wer soll ihn wem gewähren? Der ORF dem Publikum? Wäre es so, würde sich Frau Raab also in der Medienpolitik daranmachen, in den gloriosen Spuren der migrationspolitischen Kickl-Imitatoren auch hier eine FPÖ Linie mit untauglichen Mitteln nachzuäffen. „Weg mit den Zwangsgebühren!“ konnte sie nicht gut sagen, aber das Ziel ist das nämliche.


Wollte sie den Leuten bloß Geld ersparen, wäre das der Regierung auf viele Weisen möglich. Raab will mehr. Nein, weniger. Sie will den ORF kleinkriegen. Das scheint mir die auf der Hand liegende Interpretation des Wortes ORF-Rabatt zu sein. In Wahrheit ist ihr vollkommen wurscht, wieviel die Leute an Gebühren zahlen. Ihre Mission, ihr Fleisch am politischen Knochen ist es, endlich diese ORF-Journalisten kleinzukriegen. Die Anstalt als ganze ist ja eh brav und insgesamt unter schwarz-türkiser Kontrolle.

Aber diese frech grinsenden Journos allerlei Geschlechts, die nichts im Sinn haben, als der Politik am Zeug zu flicken, und da geht es nun einmal mehrheitlich um die ÖVP, diese Gfrieser, von denen man nicht einmal mehr weiß, ob sie rot oder grün oder vielleicht sogar bloß katholisch oder am Ende nicht einmal das sind, ja, was sind die denn, und woher nehmen die ihre Anmaßung, uns, der Politik so zu kommen? Und wenn man sie scharf angeht und niederbellt oder ihnen mit dem Gang zum Chef droht, nützt das nicht nur nichts, es wird auch noch mit einem Echo der verkommenen Kollegenschaft in den herkömmlichen Medien belohnt, vom Gekläff in den Social Media ganz zu schweigen. Ja, Hafenecker hat recht. Der fordert jetzt auch den Kassasturz für den ORF, wie ich, und ich meine, das „Kassa“ kann man dabei ruhig weglassen.

So etwa denkt Frau Raab, wenn der Tag lang ist, und von irgendwoher kommt ihr etwas zu, das man nur „Wording“ nennen kann, ein in einen Wortdarm gefülltes Gedanken-Gehäcksel, ein Wortwürstel aus der Medienfleischerei, das man der hungrigen Wählermeute zum Fraß vorwerfen kann.

ORF-Rabatt! Das bedeutet nicht nur Preisnachlass, das bedeutet die Forderung nach allgemeinem Nachlass. Niveaumäßig, journalistisch und politisch sollt ihr nachlassen, ihr Dolme, das ist die wahre Bedeutung von „ORF-Rabatt“. Die Politik soll es ein wenig leichter haben, die privaten Konkurrenten sollen ihren Konkurrenz-Bonus bekommen. Und wenn man den Leuten die ORF-Gebühr nebenbei etwas billiger macht, auch recht, die müssen ja ihre Smartphones finanzieren. Zuckerberg und Musk steht ihr unfairer Teil am Rabatt zu.

Raab lass nach!


Im Übrigen bin ich der Meinung, die Regierung muss die Wiener Zeitung retten.


Distance, hands, masks, be considerate!

Ihr Armin Thurnher

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