Ein Schrecken namens Susanne Raab

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 934

Armin Thurnher
am 07.02.2023

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Wenn wir davon ausgehen, dass Medien für den Zustand moderner Gesellschaften mit verantwortlich sind, dann können wir sagen, Österreich hat alle Voraussetzungen, eine unmoderne Gesellschaft zu sein und zu bleiben. Dafür sorgte die ÖVP mit ihren Medienzerstörern, die nicht davon zurückschraken, die von Werner Faymann endgültig korrumpierte und in Gesetzesform gegossen Medienförderung als Medienkorruption nicht nur zu perpetuieren, sonder vielmehr zu radikalisieren.


An dieser Stelle werden sich Leserinnen und Leser weniger über den beschriebenen Zustand als über die Form „zurückschraken“ wundern, was mir Gelegenheit gibt, den Unterschied zwischen schrecken und schrecken zu erklären. Wenn man jemanden erschreckt, dann versetzt man jemanden in Schrecken. Deswegen schreckt man nicht zurück, denn wenn man erschrocken ist, erschrickt man, man wird also erschreckt. Man schrickt vor etwas zurück, während man jemanden abschrecken möchte. Undsoweiter. Das wollte ich einfach einmal gesagt haben.


Bild des Schreckens Foto: Wikipedia

Die sogenannte Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) schrak nicht davor zurück, das höchste reformbedürftige Medienförderungsgesetz fortzuschreiben. Das heißt, sie ist zu feige (und die grünen Politikerinnen Blimlinger und Maurer, ungegendert, Gott sei’s geklagt, mit ihr), den Boulevardmedien Kronen Zeitung, Heute und Österreich die Millionenförderungen zu streichen, statt dieses Geld, wie der Geist der Verfassung es befähle, es zur Erhaltung oder besser zum Aufbau einer Medienstruktur zu verwenden.

Als kleines Zusatzzuckerl möchte sie Eingang in die Geschichtsbücher finden, indem sie nicht davor zurückschrickt, der ältesten Tageszeitung der Welt, der Wiener Zeitung, den Garaus zu machen. Der von ihr verbreitete Schrecken lässt nicht nach, obwohl ihr von allen Seiten der zivilisierten Gesellschaft Einwände entgegengebracht werden, die sie vorzieht, nicht einmal zur Kenntnis zu nehmen. Ich nehme zur Kenntnis, nicht zur Kenntnis genommen zu werden.

Das schmerzt mich umso weniger, als ich bei einer ersten Beratungsrunde geladen war, die vor der Formulierung des Gesetzes stattfand; man sicherte mir zu, weitere Einladungen würden folgen. Sie folgten für mich nicht. Ich nehme das nicht persönlich, vielleicht habe ich dort ein paar Sachen gesagt, die sie, die aufmerksam lauschte, nicht zweimal hören wollte.


Wir beginnen ihr Konzept zu verstehen, wenn wir ihre neuesten Aktivitäten den ORF betreffend betrachten. Sie verfolgt die Absicht, allen Medien zu schaden, die für den Erhalt demokratischer Kommunikation wesentlich sind. Sie verfolgt die Absicht, die gesellschaftliche Vernunft zu zerstören. Das heißt, die Basis aller privaten medialen Aktivitäten zu stärken, die das radikale Aufmerksamkeitsgeschäft betreiben, und alle jene zu schwächen, die das nicht vorbehaltlos tun. Sie tut das in der Absicht, für  ihrer Partei und für sich selbst (das ist die ihr nächststehende Partei) das Maximum herauszuholen, indem sie sich bei denen einweimperlt, die unter normalen Umständen überhaupt nicht gefördert gehören.


Frau Raab ist durch nichts für ihren Job qualifiziert, was sie naturgemäß nicht davor zurückschrecken ließ, ihn anzunehmen, und sie erfüllt darin ein Konzept, dessen Tragweite sie nicht versteht, dessen Absichten sie aber intuitiv erfasst: Unsere Aufmerksamkeit für unsere Leut.

Was mich an ihr besonders bezaubert, ist die Abwesenheit jedweden inhaltlichen Ehrgeizes. Man könnte ja einmal fragen, welche Aufgabe man als Medienministerin einem öffentlich-rechtlichen Medium zumisst, oder auch einem quasi öffentlich-rechtlichen wie der Wiener Zeitung, aber nix da.

Sie könnte genauso gut einen 50:50-Joker nehmen.

Frau Raab folgt offenbar nur einem einzigen Gedanken. Weil ihre Partei mit der Idee, die Ausländerpolitik der FPÖ zu imitieren, gerade große Wahlerfolge einfährt, will sie nicht nachstehen und imitiert die Grundidee der Medienpolitik der FPÖ: den ORF meier machen.


Es gibt wenige Politiker und Politikerinnen, die so viel Macht mit so wenig Berechtigung ausüben wie Frau Raab. Dass die Grünen ihr nicht in den Arm fallen, dass der grüne ORF-Kuratoriumsvorsitzende Lothar Lockl ihr bloß vorhält, sie stärke mit ihrer Politik die Tech-Giganten (was zutrifft), aber nicht, sie stärke damit die provinziellen bis korrupten österreichischen Medieneigentümer, ist Teil des politischen Dramas, das unsere Republik scheinbar unaufhaltsam nach unten zieht. Frau Raab ist erschreckend. Bleiben wir unerschrocken, auch wenn es nicht leichtfällt.

Im Übrigen bin ich der Meinung, die Regierung muss die Wiener Zeitung retten.


Distance, hands, masks, be considerate! Ihr Armin Thurnher

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