Waldhäusl. Der Landesunrat als Menschenfeind.

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 930

Armin Thurnher
am 02.02.2023

Abonnieren Sie Armin Thurnhers Seuchenkolumne:

Foto Wikipedia

Herr Waldhäusl, niederösterreichischer Landesunrat, hat es wieder einmal getan. Im TV-Sender Puls 24 sagte er auf die Frage einer 16jährigen Gymnasiastin, was wäre, wenn die EU-Grenzen geschlossen worden wären: „Dann wäre Wien noch Wien.“

Der übliche Empörungs-Tsunami setzte ein. Ich zitiere eine Agenturaussendung: »Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) zeigte sich ebenfalls bei „Pro und Contra“ „fassungslos“. Ihr fehlen „eigentlich die Worte“, so Edtstadler, „weil das erinnert an die dunkelsten Kapitel in der Geschichte dieses Landes“. Diese Diktion sei „unglaublich“.«

Die dunkelsten Kapitel unseres Landes währen nun schon seit den 1990er Jahren, als Jörg Haider mit ähnlichem Zeug Furore machte, wofür er und seine Nachfolger von der ÖVP in diverse Koalitionen geholt wurden.

Edtstadler blieb natürlich nicht allein, SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch, ohnehin nicht der Mann heißer Temperamentsausbrüche, „fröstelte“ vor allem in Anbetracht dessen, „dass Waldhäusl vor laufender Kamera jungen Menschen, die in Österreich in die Schule gehen, das Existenzrecht abspricht“. Für SPÖ-Chefin Pamela Rendi- Wagner zeigt die Aussage Waldhäusls überraschenderweise, für welchen Kurs die FPÖ steht. Es sei daher ihre „tiefste Überzeugung, dass es Aufgabe der Sozialdemokratie ist, dieser menschenverachtenden Politik entgegenzutreten“.

Und die Grünen. Und die Neos. Und die Menschenrechtsorganisationen. Und die braven Anwälte. Gewiss, man muss. Man muss frösteln, muss fassungslos sein, muss tiefst überzeugt sein, muss entgegentreten. Aber man muss natürlich auch sehen, dass das Waldhäusl-Business darin besteht, solche Empörungen zu erzeugen. Und man muss die Hilflosigkeit der provozierten Empörungen sehen.


Was tun? Cool ignorieren? Geht natürlich nicht. Waldhäusl verhöhnen, verunglimpfen? Empfiehlt sich vielleicht aus psychohygienischen Gründen, sollte aber dosiert geschehen, weil das seinen angestrebten Zweck noch mehr befördert, nämlich Ressentiment zu schüren und als Wählerstimmen zu kassieren.

Es nützt auch wenig, sachlich zu argumentieren. Aber es wird das einzige sein, was bleibt. Man wird sagen müssen, dass die von Haider bis Kickl propagierte Idee der völkischen Reinheit nicht nur historisch absurd ist, gerade in der Einwanderungs- und Integrationshaupstadt Wien. Dass sie auch volkswirtschaftlich gefährlich ist. Dass ihre Propagandisten die Bevölkerung zwar rassenrein erhalten möchten, ihr aber damit Arbeitskraft entziehen und so die Existenz gefährden. Diese Leute möchten dafür sorgen, dass lebensnotwendige Dienstleistungen nicht mehr erledigt werden und alles zusammenbricht, von der Forstarbeit bis zum Spital, vom Supermarkt bis zum Verkehr. Die Volksreinheitspropagandisten mit den germanifizierten Familiennamen sind Volksfeinde.

Das könnte man sagen, das müsste man unaufgeregt sagen, in den Medien zuerst. Dort findet man aber hauptsächlich linkische Anschuldigungen, wer jetzt wie publizistisch zum Aufstieg der aufhaltbaren Volksfeinde beitrage.

Wenn ich schon von „Volk“ und von Volksfeinden spreche (zu viel vermutlich), dann sollte diesem Volk glaubwürdig nahegebracht werden, warum diese Menschen keine Volksfreunde sind. Von den volkstümlichen Medien würde man sich Klartext erwarten, etwa in dem Sinn, „wir propagieren ab heute nicht mehr Menschen, die unserer Bevölkerung schaden wollen“.

Man muss seine Haltung halt immer wieder erklären. Der freundliche Sven Hergovich, SP- Hoffnung in Niederösterreich, sagte im Gespräch mit Armin Wolf gefühlt dreimal, eine Koalition mit dem Menschenrechtsabschaffer Udo Landbauer „gehe sich nicht aus“. Gewiss, aber er hätte dreimal sagen müssen, warum nicht: weil Menschen, die Menschenrechte in Frage stellen, Menschenfeinde sind. Nämlich aller Menschen, nicht nur derer, die keine Rechte haben. Sondern auch derer, die sie noch haben.

Herr Waldhäusl hat schon lange das Recht verwirkt, seinen provokativen, menschenverachtenden Dreck öffentlich zu äußern. Man muss ihn also nicht befragen und aus Quotengründen vorkommen lassen, es genügt, sachlich über sein Tun zu berichten.

Zwar bin ich fassungslos angesichts des gesellschaftlichen Totalversagens im Umgang

mit den Menschenfeinden, aber mir fehlen eigentlich nicht die Worte. Eines Tages wird man uns fragen, was wir gegen ihren aufhaltsamen Aufstieg getan haben. Und wir werden sagen, wir haben die Fassung verloren, als es zu spät war. Denn zuvor haben wir die ganze Zeit an unseren kleinen Vorteil gedacht.

Im Übrigen bin ich der Meinung, die Regierung muss die Wiener Zeitung erhalten.


Distance, hands, masks, be considerate! Ihr Armin Thurnher

Abonnieren Sie Armin Thurnhers Seuchenkolumne:

Weitere Ausgaben:
Alle Ausgaben der Seuchenkolumne finden Sie in der Übersicht.

12 Wochen FALTER um 2,50 € pro Ausgabe
Kritischer und unabhängiger Journalismus kostet Geld. Unterstützen Sie uns mit einem Abonnement!