Vom Schnee in die Affären. Besuch bei Klenk und Scheuba.

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 922

Armin Thurnher
am 24.01.2023

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Ich kam aus dem Schnee. Pflügte mit dem Auto durch tiefen Neuschnee zum Bahnhof. Sonntag wird nicht in aller Früh geräumt. Das hätte es früher nicht gegeben, der Staat spart an den falschen Stellen, aber ich freute mich über die Gelegenheit, mein alpines Fahrkönnen auf der schneeglatten abschüssigen Piste nach Retz hinunter auszuspielen. Erreichte den Zug ohne Mühe und Not, einen Wiesel naturgemäß, ohne WLAN undsoweiter. Ungeräumt, unverbunden und ausgeschlafen, mit einer kurzen Verlängerung durch die U3, näherte ich mich dem Stadtsaal, wo ich dank der Gunst des Kollegen Klenk noch zwei Kärtchen für die Vorstellung der Show „Sag du, Florian“ erhalten hatte, mit der die beiden Floriane Scheuba und Klenk seit Jahren erfolgreich durch Österreich touren.

Ich hatte die Sache noch nie gesehen, also war es Zeit. Mit mir waren etwa 420 Menschen zum gleichen Schluss gekommen. So viele füllten den Stadtsaal, dass kein Platz unbesetzt blieb. Der Herr neben mir gab sich gut gelaunt als Niederösterreicher zu erkennen, der wie ich zu dieser Gelegenheit eingependelt war, obwohl ich mich noch gar nicht geoutet hatte.


So passte der Beginn der Vorstellung für uns beide prächtig. Es lebten in unserer unmittelbaren Nachbarschaft Menschen in Gefahr, informierten uns die beiden auf der Bühne. Kaum dass man zu befürchten begann, hier würde man mit Gutmenschlichem eingedeckt, kam die Pointe: Man nennt die gefährdeten, prekären Existenzen Niederösterreicher. Zur Illustration wurde ein Tondokument eingespielt, in dem Frau Mikl-Leitner mit Grabesstimme die kommende Stunde der Gefahr und der Entscheidung beschwört, als stünde das Jüngste Gericht bevor. Befreites Lachen im Saal.

Foto © Ulrike Rauch

Dieses Kunststück schaffen die beiden immer wieder: Uns über Dinge lachen zu machen, die uns eigentlich auf der Seele liegen und das Leben beschweren. Sie tun das mit Dokumenten, mit Erzählungen darüber, wie in Österreich Skandale abgemurkst werden, wegadministriert, wie man früher sagte, durch die Justiz nicht verfolgt, sondern zugedeckt.

Florian Klenk hat dabei, no na,  die Rolle des Aufdeckers. Er erzählt, was ihm bei seinen Falter-Recherchen so zuflog, denn oft ist es Kommissar Zufall, der hilft, oder ein Informant, der anruft, oder auch ein schlichtes Telefongespräch mit einem Pressesprecher, das eine Affäre aufdeckt. Florian Scheuba spielt den Verdeutlicher, er macht mit einem drastischen Witz klar, wie absurd die geschilderten Begebenheiten sind, wenn man sie mit Vorgängen im Alltag vergleicht. So charakterisiert er den von der Kronen Zeitung und danach auch von Wolfgang Fellner entlassenen Journalisten Richard Schmitt, von Strache als der einzig gute seines Fachs gelobt, mit der Bemerkung, von Fellner wegen Boulevardismus hinausgeschmissen zu werden sei so, als würde einer als Zuhörer aus einem Heavy Metal Konzert fliegen, weil er zu laut war.

Man lacht und hat die Botschaft. Das ist ziemlich kurzweilig. Manchmal tauschen die beiden kurz die Rollen, Scheuba deckt auf und Klenk macht einen Witz. Das Lachen befreit nur momentan, es deckt nichts zu.

Nach dieser Show wird man nicht sagen, es war nix, sondern höchstens: die Behörden haben nichts daraus gemacht, wir sollten uns nicht nichts daraus machen.

Zum Beispiel aus der erstaunlichen Affäre Kickl, die von der Staatsanwaltschaft unverfolgt blieb. Obwohl lokale Behörden ausreichend Material gesammelt hatten, befand der schwarze Justizminister Brandstetter, die Suppe sei zu dünn. Die Suppe bestand aus der blauen Agentur „Ideenschmiede“, die Aufträge des Landes Kärnten einheimste und für Aufträge kassierte, die sie oft nicht einmal ausführte. Die Provisionen kassierte man und brachte sie in Form von mit Bargeld gefüllten Taschen „nach Wien aussi“. Miteigentümer der Firma: Herbert Kickl. Causa unter Mithilfe der Justiz verjährt.

Man bekommt in dieser Show einen Überblick über einige der unerledigten Affären in Österreich; man hält ihn aus, weil er auf lustige Weise präsentiert wird. Florian Klenk geht das Herz über, deswegen spricht er mitunter zu schnell, Florian Scheuba lässt keine Pointe aus. Trotz aller präsentierten Dokumente und Schriftstücke (manchmal zu klein projiziert) hat man das Gefühl, dass mancher Gag improvisiert wird, was die Spannung aufrecht hält. Nach eineinhalb Stunden geht man mit dem Gefühl hinaus, dass Information und Unterhaltung einander nicht immer widersprechen müssen. Und dass diese Show leider ewig leben kann, denn der Nachschub wird ihr wöchentlich geliefert.


Distance, hands, masks, be considerate! Ihr Armin Thurnher

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