Es ist alles lächerlich, wenn man an Österreichs (Medien)politik denkt.

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 893

Armin Thurnher
am 25.11.2022

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Ich mache mich gern lächerlich.

In dieser Republik der Verzagten kann man nicht anders existieren.

Ich machte mich lächerlich, als ich an der Gründung des Falter mitwirkte.

Ich machte mich lächerlich, als ich mit vielen, vielen anderen jahrzehntelang zuerst ganz ohne und dann fast ohne Bezahlung werkte, um den Falter am Leben zu erhalten und erfolgreich zu machen.

Ich machte mich lächerlich, als ich mir sämtliche Karriereoptionen versaute, weil ich es für wichtig hielt, die Krone und die Mediaprint anzugreifen.

Ich machte mich lächerlich, weil ich durch bloße Wiederholung meines letzten Satzes („Im Übrigen bin ich der Meinung, die Mediaprint muss zerschlagen werden“) beinahe den Untergang des eigenen Verlags provoziert hätte, weil uns die Mediaprint mit einer Klage umbringen wollte.

Ich mache mich lächerlich, weil ich jahrzehntelang Politikern zu erklären versuchte, warum Medienpolitik wichtig ist und was sie tun soll: Märkte nicht stabilisieren, sondern korrigieren und ordnen.

Ich machte mich lächerlich, weil ich an die Idee der Öffentlichkeit als unerlässliches Fundament von Demokratie glaube.

Ich machte mich lächerlich, weil ich dachte, demokratische Politik müsste das verstehen.

Ich mache mich lächerlich, weil ich auf Identitätspolitik pfeife.

Ich mache mich lächerlich, weil ich bei Zynikerinnen an Reflexionsbereitschaft appelliere.

Ich machte mich lächerlich, weil ich dachte, grüne Politikerinnen wären diesbezüglich einen Hauch anders.

Ich mache mich lächerlich, weil ich dem ORF die Stange hielt und halte, in der Meinung, er würde wider alle Hoffnung wenigstens Möglichkeiten nützen, die ihm sein rest-öffentlich-rechtlicher-Status bietet.

Ich machte mich lächerlich, weil ich von der Sozialdemokratie einen Anflug von Verständnis erwartete (aber die wartet nur auf die Macht).

Ich mache mich lächerlich, weil ich im Zusammenhang mit Österreich das Wort Kulturnation erwähne.

Ich mache mich lächerlich, weil ich im Zusammenhang mit dem Wort Kulturnation die Wiener Zeitung erwähne.

Ich mache mich lächerlich, weil ich glaube, den Verantwortlichen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk läge etwas an der Idee des Öffentlich-Rechtlichen und nicht bloß an ihren eigenen Jobs.

Ich mache mich lächerlich, weil ich glaube, dieser Regierung läge etwas an Demokratie. (Nein, so lächerlich mache ich mich nicht).

Sonst mache mich gerne lächerlich.

Ich mache mich lächerlich, indem ich all das aufzähle.

In dieser Republik der läppischen Kleingeister, der lächerlich Verzagten, in der alles lächerlich ist außer ihren zwei tragenden Prinzipien: der Umverteilung zu denen, die haben, und dem Kuschen vor denen, zu denen umverteilt wurde, kann man nicht anders existieren.


Distance, hands, masks, be considerate! Ihr Armin Thurnher

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