Rettet die Wiener Zeitung! Ein freundlicher Vorschlag zur Gesichtswahrung der Regierung.
Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 870
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Erste Ausgabe, 8. 8. 1703
Am 30. November endet im Parlament die Begutachtungsfrist für das neue Mediengesetz. Dieses sieht die Ermordung der Wiener Zeitung auf äußerst unsubtile Weise vor, wobei maximaler Kollateralschaden samt größtmöglicher Erniedrigung und Beleidigung der Belegschaft angestrebt wird, was großteils bereits erreicht wurde.
Website, Ausbildungsstätte, Monatszeitung, so heißen die drei Dolche, die eine dumpfbäckig-hinterlistige Politik der würdigsten publizistischen Erscheinung dieses an unwürdigen Blattln und korrupten Medienwichten überreichen Landes hineinzustoßen gedenkt.
Immerhin scheint die Regierung bereit zu sein, für ihren Meuchelmord der Wiener Zeitung 5 Millionen Euro Schmerzensgeld im Jahr zu bezahlen. Sie gehe kurz in sich und schäme sich. Dann denke sie über meinen Vorschlag nach.
Hier mein Vorschlag: Sie stocke diese fünf Millionen auf fünfzehn Millionen auf, gründe eine sich selbst verwaltende Stiftung des öffentlichen Rechts mit dem Zweck, die Wiener Zeitung als Zeitung fortzuführen (und selbstverständlich in jedem nötigen zeitgemäßen medialen Aggregatzustand, der jedoch weder von einer posttürkisen noch von einer postgrünen Politikerin festgelegt wird, sondern von den Medienbetreibenden selbst), sage die Finanzierung dieser Stiftung auf mindestens 319 Jahre zu und leiste damit eine kleine Wiedergutmachung für die politische und korruptive Zerstörung der Medienlandschaft, welche Österreichs Regierungen fast ausnahmslos seit Jahrzehnten durch juristische und kommerzielle Stützung des Boulevards systematisch betrieben.
Die Redaktion kann selbstverwaltet im Rahmen der Stiftung und dieser verantwortlich weiterarbeiten und für die Organisation des restlichen für den Betrieb notwendigen Kapitals sorgen. Den einen oder anderen vermögenden Promi, der Appelle zu Rettung der Wiener Zeitung unterzeichnet hat, welche die politisch unverantwortlichen Zuständigen bisher in erstaunlich kaltschnäuziger Weise ignorieren, wird man in die Pflicht nehmen können. Von Crowd Funding bis Genossenschaft sollte nichts ausgeschlossen sein.
Die handelnden medienpolitischen Personen sollten erfreut zur Kenntnis nehmen, das sie damit das erste öffentlich-rechtliche Printmedium Österreichs schaffen und ein in der internationalen Entwicklung notwendiges Zeichen setzen würden, das außerdem vergleichsweise nichts kostet. Diese Entwicklung killt nämlich demokratiepolitisch essentielle Medien, um Platz für desinformierende und demokratieunterminierende zu schaffen. Statt hier hilflos mitzuschwimmen, wäre es die Pflicht jeder demokratischen Regierung, gegenzusteuern. Tun Sie es!
PS.: Dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk zu dieser Causa nicht Muh oder Mäh sagt, aber gleichzeitig vor Worten brüderlicher Hochschätzung für den verschiedenen Dietrich Mateschitz überfließt, welcher eine beeindruckende Erscheinung, aber eben ein gänzlich Verschiedener und wahrlich kein Bruder im Geiste war, während die Wiener Zeitung sehr wohl eine Schwester ist/wäre/bleiben muss, disqualifiziert sein Spitzenmanagement ein weiteres Mal als nicht nur parteihörig und engstirnig, sondern blind für die Dimension der eigenen Aufgabe.
Distance, hands, masks, be considerate! Ihr Armin Thurnher