Die Zerstörung der Republik und ein fast vergessener Sprachgott

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 813

Armin Thurnher
am 23.08.2022

Abonnieren Sie Armin Thurnhers Seuchenkolumne:

Wer fällt Ihnen ein, wenn Sie „Baumeister der Republik“ hören? Renner? Figl? Raab? Helmer? Gott? Falsch. Richtige Antwort: Sobotka. Der Mann ist aus dem Urlaub zurück, den er in einem Tik-Tok-Bootcamp verbrachte, wo er trainierte, wie er das Dilemma gestandener ÖVP-Funktionäre lösen sollte (Rosenkranz wählen, aber sich zu Van der Bellen bekennen). Er kam mit der für VdB maximal schädlichen Variante herüber, einer Art geleakten Wahlempfehlung. Er habe, ließ er irgendwen verlauten, in einem Mail mitgeteilt, er werde van der Bellen wählen. Ich hatte zu hundert Prozent auf Pogo getippt.

Das ist aber nicht der Grund, warum Sie und ich „Baumeister“ denken sollten, wenn wir „Destructivus“ hören. Sobotka wird zu Recht mit der Abrissbirne assoziiert, ich weiß nicht, war es Mitterlehner oder Kern, der ihm dieses Attribut verlieh, oder waren es beide, jedenfalls betätigte er sich als Abrissbirne im Dienst des Sebastian Kurz und beschädigte von der Position des Innenministers aus die Regierung, in der sein Parteifreund Mitterlehner als Vizekanzler wirkte.

Der nachhaltige Erfolg dieser Aktion lässt sich nicht nur in Umfragen besichtigen, er wird die ÖVP auf Jahre hinaus von der Macht im Bund fernhalten, wenn nicht eine windelweiche Sozialdemokratie sich zu Rot-Schwarz breitschlagen lässt. Sauber abgeräumt, Destructivus!

Aber Baumeister? Jetzt habe ich’s. Der Mann baut das Parlament um, liegt voll im Zeit- und Kostenplan, wie uns gewiss der Rechnungshof bestätigen wird, wenn nicht unvorhersehbare Ereignisse in Krieg und an der Börse dazwischenkommen. Die Umbau-Sache nähert sich dem Ende, und eine freundliche Leserin, nahe dem Parlament wohnend und deshalb im Bilde, schickte mir Aufnahmen, die belegen, dass rund ums Parlament der Boden versiegelt wird, wie er vorher nicht versiegelt war, und dass er jetzt versiegelt wird, als gäbe es keine Klimakrise. Die Grünen machen sich gerade bei der SPÖ beliebt, indem sie sie „Betoniererpartei“ nennen, weil sie im 2. Bezirk (Venedigerau) und an der Wienzeile ohne Not asphaltiere und betoniere.

Die Leserin schreibt mir: „Blick auf die Rückseite des Parlaments, Reichsratsstrasse. Die betonierte Fläche hier ist viel breiter als vor der Renovierung. Auch vor dem Parlament werden viele Betonplatten verlegt.“

Aber das Parlament, dieses Schmuckstückerl unserer Identität mit solch feschen Platten dicht zu umsiegeln, das hat noch einmal Extra-Qualität. Der Mann macht einfach alles richtig.


Was ich ihnen schon lange einmal sagen wollte, jetzt fiel es mir ein. Als ich einen verhatschten Tweet absetzte, wie man sagt. Absatz Tweet: „Leset Harry Bergmann!“, sollte er heißen, hieß aber „Leste Harry Bergmann“. Da fiel er mir wieder ein: Om Dhom Khom, der Wettergott, den die fabelhafte Andrea Maria Dusl, damals nur Andrea Dusl, für das Stadtleben des Falter kreiert hatte. Dieser Wettergott, der das Wetter für Wien, Österreich und die Welt machte, sprach eine eigene Sprache, in der er sein Tun mehr dekretierte als begründete. Leider gibt das digitale Archiv des Falter nur noch wenige Probestücke seiner Sprachkunst preis, von denen ich hiermit zwei sofort apportiere.


Am 12. 8. 1998 sprach Om Dhom Khom also:

Heissa!

Om Dhom Khom, Dein Name sei gepriesen und mit haushohen Lettern in den Leopoldsberg geschlagen. Die Kirche am Stock-im-Eisen-Platz möge den Namen Om-Dhom-Khom-Dom tragen. Emilio möchte Dir eine Titelgeschichte widmen: „Wer verputzt das Sommerloch?“ Emilio hat seine Tastatur geputzt. Dabei ist ihm „verputzt“ eingefallen. Genial. Fredl, ein Kollege aus der anderen Galaxie, putzt lieber Pfeife. Joakim, der Süddeutsche, wiederum putzt gerne Schuhe. Alle finden den Sommer putzig, aber gut. A.D.

Und am 31.1. 1999 las er sich so:

Wetter: Winter?

„De Kris-Bom fon de Nasmakt“, jammerte Om Dhom Khom schon wenige Tage nach dem Fest, „iste son fiele fon de Nade runtefallen. Abe die Kezen wa echt supe.“ Wie er den Jänner anzulegen gedenke, fragte ich Om trotz nachweihnachtlicher Südfrucht-Stimmung, als wir einander – wo sonst – bei der „Nasmakt-Kristl“ trafen. Bei Oms Lieblingsstand für Satsumas und Rudolfinen. „Hintegündig“ sprach Om. „Hinte was?“ wollte ich wissen. „Hintegündig wie Spotrepotase“, erklärte der Wettergott, „nikt zu heß und nikt zu kalt. Wie die Pete Estne.“ A.D.


Korrekt hätte mein Tweet auf Om-Dhom-Khomisch also lauten müssen: „Leste die Ahyr Begman, dann wiste.“ Oder so ähnlich. Derweil hoffe ich noch immer auf die Wiederkunft Om Dhom Khoms. Un de Abgan fon de Sotoka.


Distance, hands, masks, be considerate!

Ihr Armin Thurnher

Abonnieren Sie Armin Thurnhers Seuchenkolumne:

Weitere Ausgaben:
Alle Ausgaben der Seuchenkolumne finden Sie in der Übersicht.

12 Wochen FALTER um 2,50 € pro Ausgabe
Kritischer und unabhängiger Journalismus kostet Geld. Unterstützen Sie uns mit einem Abonnement!