Endlich wieder Sommer!

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 788

Armin Thurnher
am 25.07.2022

Abonnieren Sie Armin Thurnhers Seuchenkolumne:

Im Fernsehen Kommissare im Wintermantel. Im Radio Interviews mit der Buhlschaft-Darstellerin. Sie hat eine neue Frisur, formuliert das aber feministisch. Ich bin Feminismustrottel und schrieb kürzlich, als ich unser Frauennationalteam und die Kommentatorinnen im ORF lobte, von „Frauenfußballnationalmannschaft“! Es gab keinen Shitstorm. Gerade ein einziger Mann schiss mich deswegen an. Die ÖVP-Frauen, was mich betrifft sonst wachsam, liegen auf der faulen Haut.

Die Sozialen Medien sind auch nicht mehr, was sie waren. Elon Musk hat ihnen den Nerv gezogen, Mark Zuckerberg schwächelt, nur bei Google herrscht Partystimmung. Wikipedia sammelt Spenden und schreibt mir postwendend einen ganz persönlichen Dankbrief. Ich bin gerührt.


 

Foto: MIT Journal, © Danijar.com

Künstliche Intelligenz macht atemberaubende Fortschritte. Ein Roboterhund lehrt sich selbst in einer Stunde aufzustehen und zu gehen. Der Algorithmus heißt „Dreamer“. Wir kunstlos Unintelligenten können den aufrechten Gang noch immer nicht, den nehmen uns die Robodogs demnächst ab. Gedichte schreiben sie auch schon besser als wir.


Draußen 39 Grad. Rezepte, die so ähnlich heißen wie „Salat 36 Grad“ sind überholt von der Geschichte. Also neumoderner Hochsommer, unterbrochen von Unwettern, Waldbränden, Hochwässern.

Dazu passend die Weltlage. Russen beschießen Odessa, versuchen aber zugleich die Welt zu bescheißen, indem sie behaupten, sie hätten nicht geschossen. Dann aber doch, aber nur gezielt. Ah so, chirurgische Präzisionsschläge. Ich warte auf die TV-Ärzteserie „Schwarzmeerklinik“ mit Wladimir Putin als Primar.


Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka weilte in Trieste, um hochrangige Gespräche zu führen. Wassermangel, wir haben auch davon gehört. Triest, das ist doch die Hauptstadt der Coronaleugner, wo sich die Rechte regelmäßig zusammenrottet, ihren Sieg bei den kommenden italienischen Wahlen vorwegnehmend. Dazu schwieg Sobotka hochrangig. Wenn Hochrangigkeit in Österreich aussieht wie Sobotka, und das tut sie, darf man sich Sorgen um die niederen Ränge machen. Im Karst brennen große Gebiete. Notenbanker aller Länder beschwichtigen uns, die Inflation werde nicht so schlimm. Es reicht, wenn wir ein Viertel von Kaufkraft und Vermögen hergeben, damit die Verluste der Welttrottelei sozialisiert werden können.


Die Stimmung war schon besser. Ich lege Bachs Kantate „Ich habe genung“ auf, Bachwerkeverzeichnis 82. Ich mag die Aufnahme mit Herreweghe, aber diesmal musste es Harnoncourt sein, eingedenk der vergangene Woche verstorbenen Alice Harnoncourt, Konzertmeisterin des Concentus Musicus, auch in der Aufnahme von 1978. Wiegende Todessehnsucht:

Schlummert ein, ihr matten Augen,

Fallet sanft und selig zu!

Welt, ich bleibe nicht mehr hier,

Hab ich doch kein Teil an dir,

Das der Seele könnte taugen.

Hier muss ich das Elend bauen,

Aber dort, dort werd ich schauen

Süßen Frieden, stille Ruh.

Hoffte dann doch, noch ein wenig dazubleiben, all dem Elend zu trotzen.


So kann man die Woche nicht anfangen lassen. Falls Sie der „Sommersalat 36 Grad“ interessiert, finden Sie ihn im famosen Kochbuch „Simple and clever Cooking“ von Stevan Paul, und er geht so (für 2 Personen): 1 rote Langpaprika mit dem Sparschäler schälen und entkernen, fein würfeln und salzen. 100 g Salatgurke ebenfalls würfeln und salzen. 100 g Zucchini und 200 g Melanzani ebenfalls würfeln.

3 getrocknete Tomaten und eine geschälte Schalotte fein hacken, mit 3 EL Rotweinessig und 4 EL Olivenöl zu einer Vinaigrette verrühren, leicht salzen.

Melanzaniwürfel in 5 EL Olivenöl braten, Zucchiniwürfel zugeben, bis auch sie etwas Farbe angenommen haben. Mit den rohen Gemüsen und der Vinaigrette vermengen. Mit Hilfe eines Anrichterings anrichten. In die Vinaigrette kann man naturgemäß Koriander oder Basilikum oder Knoblauch oder geben, was man mag. „Der Clou“, sagt Stevan Paul, „ist die Kombination von rohen und gebratenen Gemüsen, die ein Wechselspiel der Aromen auf kleinstem Raum ermöglicht.“ Stimmt.


Distance, hands, masks, be considerate!

Ihr Armin Thurnher

Abonnieren Sie Armin Thurnhers Seuchenkolumne:

Weitere Ausgaben:
Alle Ausgaben der Seuchenkolumne finden Sie in der Übersicht.

12 Wochen FALTER um 2,50 € pro Ausgabe
Kritischer und unabhängiger Journalismus kostet Geld. Unterstützen Sie uns mit einem Abonnement!