Ein Freundmedium des Sebastian Kurz verliert vor Gericht gegen Falter-Chefredakteur Florian Klenk

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 785

Armin Thurnher
am 21.07.2022

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Die ÖVP hat es nicht leicht. Sie und ihre Freunde erleiden vor Gericht eine Niederlage nach der anderen gegen den Falter. Eine ihr nahestehende Website, deren Namen wir ungern veröffentlichen, um nicht unnötig Werbung für den Verein zu betreiben, hat schon wieder eine Klage verloren.

Konkret hat die „web eXXpress Medien Holding GmbH“ Florian Klenk, den Chefredakteur des Falter geklagt, weil dieser sich gegen aggressive Verfolgung durch eine Kampagne wehrte, die von der Website namens eXXpress ausgegangen war.

Die web eXXpress Medien Holding GmbH begehrte, Klenk solle seine Behauptung, diese GmbH „habe die Adressen von Mitarbeitern des FALTER, insbesondere der Adresse Klenks, veröffentlicht“ widerrufen und den Widerruf auf seinem Twitteraccount mit Pomp und Trara veröffentlichen.

Dieses Begehren wurde vom Handelsgericht Wien (Richterin Katharina Leitner) in erster Instanz abgewiesen, denn Klenk hatte die Behauptung so nicht aufgestellt. Vertreten von Dr. Alfred J. Noll von der Kanzlei Noll/Keider, konnte Klenk klarstellen, dass er nicht die GmbH bezichtigt hatte, sondern die von dieser betriebene Kampagne, wie das Gericht scharfsichtig bemerkte, worauf es die Klage abwies.

Wörtlich hatte Klenk gesagt: „Die Kampagne (gemeint: der Klägerin) gegen den FALTER geht so weit, dass Adressen von FALTER-Mitarbeitern veröffentlicht werden.“ Die Kampagne, wohlgemerkt, nicht die GmbH. Die Kampagne inkludierte den Plagiatsforscher Stefan Weber, der so weit gegangen war, die präzise Wohnadresse von Klenk zu publizieren, und wohl auch einen nicht näher zu nennenden Detektiv, der beispielsweise auch Fotos meines niederösterreichischen Wohnsitzes samt präziser Ortsangabe und Wikipediafotos zwecks besserer Orientierung veröffentlichte.

Das sind grobschlächtige Einschüchterungsmethoden, die zum Stil des Mediums und der GmbH passen. Traurig genug, dass man diesen Stilisten eine ÖVP-Nähe zuschreiben muss. Die Mehrheitseigentümerin der GmbH ist Anwältin Eva Hieblinger-Schütz, ehemalige stellvertretende Kabinettschefin von ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger und Büroleiterin eines gewissen Thomas Schmid. Weitere Anteile halten eine Liechtensteiner Stiftung und eXXpress-Chefredakteur Richard Schmitt. Frau Schütz ist verheiratet mit Alexander Schütz, dem erfolgreichen Immobilieninvestor, Unternehmer, Gründer und Vorstand der C-Quadrat Investment AG; auch bekannt als Freund des Wirecard-Chefs Markus Braun, als Ex-Aufsichtsrat der Deutschen Bank, als Kurz-ÖVP-Großspender und neuerdings als Geschäftspartner des Sebastian Kurz.

Diesen Kurz brauchen wir, um die Tätigkeiten der GmbH zu verstehen. Aktivieren wir unser Kurzzeitgedächtnis, denken wir an den Beginn des Jahres 2020 zurück, als Sebastian Kurz scheinbar aus dem Nichts heraus die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft öffentlich zu diskreditieren begann. Naturgemäß, weil diese ihn und seine Aktivitäten untersuchte.

Klenk wiederum beobachtete diese Untersuchungen genau und ließ die Kurz’sche Propagandaoffensive nicht durchgehen. Die web eXXpress Medien Holding GmbH, ihr „Medium“ und dessen Haberer aka „die Kampagne“ wiederum unternahmen alles, um Klenk und die WKStA zu diskreditieren.

Ich habe diese Unternehmungen schon einmal beschrieben und zitiere mich – was ich immer ungern tue, aber manchmal geht es nicht anders – hier wie folgt:

»Das „Medium“ der web eXXpress Medien Holding GmbH sagte Klenk eine Nähe zur WKStA nach. Es insinuierte mit nebeligen Formulierungen allerlei, sagte aber nichts Konkretes. Außer: Klenk habe die Akten direkt von der Staatsanwaltschaft bekommen. Selbst wenn das wahr wäre, was wir ausschließen, würde es nichts an deren Inhalt ändern.

Die Absicht ist aber glasklar: Im Interesse von Sebastian Kurz sollen die für Kurz fatalen Chats gegenstandslos gemacht und juristisch für nichtexistent oder nicht relevant erklärt werden.

Klenk, einer der intensivsten und detailreichsten Kurz-Kritiker, soll verleumdet und unglaubwürdig gemacht werden. Damit soll auch der Falter, nicht zuletzt wegen seiner Kritik am drohenden Autoritarismus und am Stil von Türkis seit je unangenehm, angepatzt werden, um in der Diktion von Kurz zu bleiben. So wie es Kurz seit Anfang dieses Jahres mit der gegen ihn ermittelnden Staatsanwaltschaft versucht hat, was Klenk ebenfalls aufdeckte. Das alles ist dürftig, kläglich und schändlich zugleich.«

So groß und erfreulich der Erfolg für Klenk und den Falter ist, im Match Rechtsstaat gegen Sebastian Kurz ist die Abweisung der „web eXXpress-GmbH“-Klage ein Minierfolg an einer Nebenfront. Niemals vergessen: der Altkaltkanzler hat seinen politischen Kredit ganz allein selbst verspielt. Sein Fall mag auch einer für den Staatsanwalt sein, aber die Justiz hat nicht das letzte Wort. Das hat Kurz längst über sich selbst gesprochen. Nicht zuletzt auch durch die Art seines medialen Agierens und jener, die sich zu seinen Fürsprechern machen.


Distance, hands, masks, be considerate!

Ihr Armin Thurnher

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