Covid-Kristallkugellesen. Raumluft soll sein wie Trinkwasser. Und eine To-Do Liste für Johannes Rauch.

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 763

Armin Thurnher
am 25.06.2022

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Epidemiologe Robert Zangerle versammelt hier, was wir über die Sommerwelle wissen und nicht wissen; rund 15 Prozent könnten sich bei uns mit der neuen Variante infizieren. Er erklärt, warum das für die Krankenhäuser dennoch nicht so bedrohlich ist, wie es klingt; und warum die Long Covid Risiken nach wie vor unterschätzt werden. Er fordert, die Frage der Raumluft endlich ernst zu nehmen, hofft, die absurde Duplizität bei den Meldungen offizieller Stellen endlich wegzubekommen und hat noch eine kleine To-Do-Liste für den Gesundheitsminister. A. T.

»Die Sommerwelle ist da. Selbst nach zweieinhalb Jahren Pandemie setzen uns Medien und Politiker leider allzu oft verwirrenden politischen Spins aus, sodass sachliche Einordnungen ungewollt oft wie eine altruistische Warnung scheinen. Solche enttäuschenden Fehlinterpretationen betreffen auch die Seuchenkolumne, die heute trotzdem einen erneuten Versuch einer sachlichen Einordnung unternimmt.

Auslöser für die Sommerwelle sind die neuen Omikron-Varianten, vor allem BA.5, zu kleineren Teilen BA.4 und BA.2.12.1, die das Infektionsgeschehen nun in Österreich und in vielen anderen Ländern Europas beginnen zu dominieren. Diese Varianten sind noch besser als frühere Varianten in der Lage, den Immunschutz zu umgehen, den Menschen nach einer Impfung oder einer Infektion aufbauen. In Südafrika ist die BA.5-Welle bereits vorüber, und in Portugal steht sie wohl kurz vor dem Ende. Sie dauerte je ungefähr 8 bis 10 Wochen. Das würde für Österreich bedeuten, dass das Gröbste Ende August/Anfang September vorbei sein dürfte und das Infektionsgeschehen sich vor der Herbstwelle für einige Wochen auf niedrigem Niveau bewegen wird. Damit rechnen einige in der Schweiz, die derzeit eine minimal geringere Zahl an Covid Patienten in den Spitälern betreut als Österreich. Ein anderes, etwa von Christian Drosten und Niki Popper vertretenes Szenario geht davon aus, dass sich die Welle Anfang September massiv ausbreiten wird.

Wie schlimm diese Welle werden wird, ist noch offen. Wer sich mit BA.1, der ersten Omikron-Variante ansteckte, hat kaum Schutz gegen eine erneute Infektion. Noch schlechter ist die Immunität bei Personen (auch geimpften), die eine frühere Variante (Originalvirus, Alpha, Delta) hatten. Das ist eine eher schlechte Nachricht aus Großbritannien, die der bisherigen Hoffnung, dass jedwede Corona-Infektion den Immunschutz gegen SARS-CoV-2 jeweils erhöht, einen Dämpfer („Hybrid-Immun-Dämpfung“) verpasst. Wer sich Anfang Jahr mit BA.1 infizierte, kann sich also bereits wieder anstecken. Eine BA.2-Erkrankung bietet hingegen noch Schutz, so noch eine verbreitete Annahme (nicht so lange zurückliegend, größere immunologische Verwandtschaft), die sich auf Portugal und Südafrika stützt, wo BA.2 zuvor keine starke (schützend immunisierende) Welle ausgelöst hatte. Österreich hingegen hatte eine beträchtliche BA.2 Welle (März!), die allerdings relativ schnell abebbte. Mehr Holzsäge als Brotmesser.

Christian Althaus von der Universität Bern  hat in einer plausiblen, aber in seinen Worten „groben“ Überschlagsrechnung versucht abzuschätzen, wie viele Personen sich in der Schweiz mit BA.5 infizieren könnten. Ausgangspunkt für seine Kalkulation ist die aktuelle effektive Reproduktionszahl Reff von 1,4, verursacht durch Verdrängung von BA.2 durch BA.5. Was könnte das für die Immunität der Bevölkerung und den Anteil der Bevölkerung, der sich mit BA.5 infiziert bedeuten? Er geht davon aus, dass BA.5 eine intrinsische Übertragbarkeit ähnlich der von Delta hat, mit einer Basisreproduktionszahl R0 von etwa 6 (im Winter) bzw. 4 (im Sommer) in der Schweiz (oder Österreich). Weil BA.5 der Immunantwort ausweicht, die durch Impfungen mit oder ohne Infektionen entstanden ist, hat es einen Übertragungsvorteil gegenüber Delta. Eine Immunantwort durch Infektionen allein (d.h., ohne Impfung) gegenüber den neuesten Omikron Varianten ist jedenfalls „schwach“ ausgeprägt. Das Wachstum von BA.5 wird also weitgehend durch Immunflucht bestimmt.

Ein Reff von 1,4 für BA.5 deutet darauf hin, dass etwa 65% (1 – Reff/R0 = 1 – 1,4/4) der Bevölkerung gegen eine Infektion mit der neuen Omikron Variante BA.5 immun wären. Theoretisch könnten sich also bis zu 35% der Bevölkerung anstecken. Christian Althaus, aber auch andere Modellierer, wie Tanja Stadler, Mathematikerin und Biostatistikerin von der ETH Zürich, gehen davon aus, dass sich in der jetzigen Welle rund 15 Prozent der Bevölkerung infizieren werden, bevor wieder ein Zustand erreicht werden wird, wo Reff sich um 0,8 einpendelt.

In Österreich sind in den letzten 7 Tagen 55.000 Infektionen mit SARS-CoV-2 diagnostiziert worden, die Dunkelziffer kann auf mindestens das Doppelte geschätzt werden. Das wird unterstützt durch das im Vergleich zum Sommer 2021 fast 10 Jahre höheren Durchschnittsalter bei der Diagnose (jetzt fast 41 Jahre) und durch die derzeit gemessene Belastung im Abwasser. Insgesamt hat sich in der letzten Woche also 1,5% der Bevölkerung angesteckt. Das deckt sich mit Daten aus Großbritannien wo gegenwärtig 2% der Bevölkerung mit Sars-Cov-2 infiziert sind.

Ein kumuliertes Infektionsrisiko von 15% könnte auch in Österreich hinkommen, der Peak könnte Ende Juli/Anfang August eintreten. Wenn wir schon beim Kristallkugellesen sind: Neben vielen übertragungsfördernden Großveranstaltungen und „Urlaubsaktivitäten“ gibt es ab Juli andererseits reduziertes, übertragungsminderndes Kontaktverhalten (Arbeitsplätze leerer, Schulen zu). Zusätzlich wird ein Phänomen, das es während der Pandemie immer gab, auch dieses Mal nicht zum Versiegen kommen: Ein Rally around Reff 1, d.h. immer dann, wenn Fallzahlen und Krankenausbelegung zunehmen, werden die Menschen vorsichtiger. Wie viel das ausmachen wird, weiß am besten die Kristallkugel, ein bisschen seriöser vermuten könnte das allenfalls die sozialwissenschaftliche Initiative Austria Corona Panel Project (ACPP).

Die aktuelle Welle wird also in Österreich einen beachtlichen Teil der Bevölkerung infizieren oder re-infizieren (im Juni 2022 waren fast 20% der Infektionen Reinfektionen). Der Stress für die Intensivstationen dürfte sich allerdings in Grenzen halten. Auf Normalpflegestationen sind ebenfalls keine so hohen Belegungen wie im März zu erwarten. Allerdings ist die Situation in den Krankenhäusern aufgrund von Personalknappheit und urlaubsbedingten Abwesenheiten jetzt schon angespannt, das wird sich durch Zunahme an Covid-Patienten und Abwesenheiten aufgrund von Krankenstände deutlich verschärfen. Von „Normalbetrieb“ im Krankenhaus kann also weiter keine Rede sein.

Zufallsbefunde bei ins Krankenhaus Aufgenommenen, bei denen Covid-19 nicht die primäre Ursache für die Aufnahme darstellt, bilden nach derzeitigen offiziellen Angaben eine Minderheit (27-36%). Abgesehen vom Aufwand, den diese Patienten bei der Unterbringung bedeuten, ist es nicht selten so, das je nach Impfstatus der weitere Verlauf der Krankheit sehr wohl auch durch Covid (negativ) beeinflusst werden kann. Natürlich gleicht kein Immunitätsprofil eines Landes dem eines anderen, insofern muss man vorsichtig sein, wenn man Portugal und Südafrika als Vergleich heranzieht. Dort überstieg die Spitalbelegung nicht mehr die Spitzenwerte der ersten Omikron-Welle vor ein paar Monaten. Ein Vergleich mit der Schweiz sollte in nächster Zeit sehr lohnend sein, mehr oder minder sind alle Parameter gleich, abgesehen von der etwas größeren Dunkelziffer der Fälle in der Schweiz. Mehr Vergleiche zwischen Schweiz und Österreich übermorgen.

Abgesehen von diesen doch eher nicht so bedrohlich klingenden Einschätzungen in Bezug auf die Spitäler, gibt es für Long Covid definitiv keine Entwarnung. Die Hoffnung, dass der Impfschutz und die vermeintlich mildere Omikron-Variante das Risiko für Long Covid substanziell senken, hat sich nur teilweise erfüllt (50-70% weniger Long Covid mit Omikron im Vergleich zu Delta). Jede Infektion oder Reinfektion, ob geimpft oder geboostert, egal mit welcher Corona-Variante, birgt gemäß vorläufigen wissenschaftlichen Erkenntnissen von heute ein nicht unerhebliches Risiko, längerfristige gesundheitliche Probleme zu entwickeln. In der Interpretation solcher Studien muss man deshalb zurückhaltend sein.

Die Erstinfektion mit SARS-CoV-2 ist mit einem erhöhten Risiko für akute und postakute Todesfälle und Folgeerkrankungen (auch Aspekte von Long Covid) verbunden. Es ist jedoch nicht klar, ob eine Reinfektion das nach der Erstinfektion bestehende Risiko erhöht. Gesundheitsdaten des US Department of Veterans Affairs haben Personen mit einer Erstinfektion (n = 257.427), einer Reinfektion (2 oder mehr Infektionen, n = 38.926) und einer nicht infizierten Kontrollgruppe (n = 5.396.855) verglichen, um die Risiken für Sterblichkeit, Krankenhausaufenthalte und eine Reihe von Krankheitsfolgen mit komplexer Statistik (darüber gibt es heftige und berechtigte Kontroversen ) zu schätzen.

Die Studie zeigte, dass eine Reinfektion im Vergleich zu Personen mit Erstinfektion ein zusätzliches Risiko für Sterblichkeit, Krankenhausaufenthalte und Folgeerkrankungen (kardiovaskuläre Störungen, Gerinnungs- und hämatologische Störungen, Diabetes, Müdigkeit, Magen-Darm-Erkrankungen, Nierenerkrankungen, psychische Erkrankungen, Erkrankungen des Bewegungsapparats und neurologische Störungen) mit sich bringt. Die Risiken waren in der akuten Phase der Reinfektion am stärksten ausgeprägt, bestanden aber auch in der postakuten Phase der Reinfektion fort.

Aufgrund der statistischen Kontroversen um Design (Kontrollgruppe, vergleichende Zeit der Beobachtung), Selektionsartefakte (Reinfektionen mehr bei Vorerkrankten) und wegen anderer Einwände macht es keinen Sinn, Details abzuhandeln. Es bleibt zu hoffen, dass die Peer-Reviewer ihre Finger in diese Wunden legen und viele dieser Fragen geklärt werden. Wissenschaftler erheben selten den Anspruch, dass ihre Studie perfekt ist, schon gar nicht die Autoren dieser Studie, die hervorragende Arbeiten zu Covid publizierten. Aber ein paar Missverständnisse müssen ausgeräumt werden. So gibt es von Reinfektion zu Reinfektion kein „steigendes Risiko“ für Komplikationen. Das Studiendesign war aber geeignet, ein kumulatives Risiko zu erfassen. Vielleicht kann man es so sagen: insgesamt ist das Risiko durch Covid ins Krankenhaus zu kommen höher, wenn man 3x infiziert war als nur einmal („kumulatives Risiko“ ist erhöht, aber das Studiendesign zielte nicht darauf, einen direkten Vergleich zwischen 1. und 2. Infektion zu ziehen).

Eine holpriger Vergleich für das kumulative Risiko: „Wenn ein Risiko für einen ,schlechten Ausgang‘ beim ersten ,Ereignis‘ (z.B. ,Infektion‘) 50% beträgt, und das Risiko durch ein überstandenes Ereignis dauerhaft auf 20% sinkt, dann ist das Risiko für einen ,schlechten Ausgang‘ bei 5 Ereignissen 67%, bei 10 Ereignissen 80%“. COVID nicht zu bekommen ist also das beste Ergebnis. Es zweimal nicht zu bekommen ist das nächstbeste Ergebnis. Danach ist das nächstbeste Ergebnis, es dreimal nicht zu bekommen. Dann viermal nicht bekommen. Sie sehen, wie das funktioniert.

Die Reinfektion ist ein nicht-triviales Risiko für Gesamtmortalität, Krankenhausaufenthalte und Nachfolgeerkrankungen, inklusive Long Covid. Aber das darf auch nicht falsch interpretiert werden, es gibt keine Daten, die darauf hinweisen, dass Long Covid von Infektion zu Infektion zunimmt. Siehe oben. Wir sollten unsere Immunität vorzugsweise durch Impfstoffe erhalten, und nicht durch wiederholte SARS-CoV-2 Infektionen.

Die Seuchenkolumne hat letztlich keine wirkliche Antwort auf die Herausforderungen der Sommerwelle. Selbstverständlich bin ich derselben Meinung wie Tanja Stadler, die zuletzt betonte, „Das A und O sind Masken und saubere Luft in Innenräumen“. Wer hat denn die Regeln, die bis zum 8. Juli gelten sollen, frühzeitig am 1. Juni aufgehoben? Ansonsten möchte ich auf den Seuchenheiligen Armin Thurnher verweisen, der alle Kolumnen mit Distance, hands, masks, be considerate! abschließt. Das soll nicht mehr gelten? Wir werden es alle bekommen, also gebt einfach auf? Das Austrian Corona Panel Project (ACPP) könnte zu solideren Antworten einen wertvollen Beitrag leisten, ob es wohl gefragt wird? Vorerst will man nur die Finanzierung dieser mehr als bemerkenswerten Initiative streichen.

Ich möchte etwas allgemeiner kontern. Drei Kategorien von Faktoren wirken sich auf Covid aus:

Die überwiegende Mehrheit der Berichterstattung konzentriert sich auf Punkt c, um aber in Zukunft besser gerüstet zu sein, sollten die Punkte a und b mehr Anerkennung finden, wenngleich Faktoren im Punkt a während einer Pandemie praktisch nicht verändert werden können. Um Punkt b muss man sich aber mehr kümmern, auch wenn die dort genannten Faktoren komplex und weniger schlagzeilenfreundlich sind.

Seit über hundert Jahren vermeiden Länder mit hohem Einkommen erfolgreich tödliche Krankheiten wie Cholera oder Typhus dank der systematischen Aufbereitung von Trinkwasser. Diese grundlegende, meist öffentliche Aufgabe ist die unumstrittene Basis der Lebensqualität und der gesundheitlichen Vorsorge. In Anbetracht der Corona-Pandemie sowie jährlich wiederkehrender Grippewellen fordert eine Schweizer Initiative, CH++, gemeinsam mit einem breiten Gremium von Wissenschaft und Wirtschaft, saubere Raumluft solle denselben Stellenwert erhalten wie sauberes Trinkwasser.

Krankheitserreger wie SARS-CoV-2, die durch Aerosole übertragen werden, haben in schlecht belüfteten Innenräumen ein leichtes Spiel. Jedes Jahr erkranken Hunderttausende in Österreich an der Grippe, mit allen daraus resultierenden gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen. Darüber hinaus sind schlecht belüftete Räume nicht nur für erhöhte Aerosolübertragung von Krankheiten verantwortlich, sondern schränken auch die kognitiven Fähigkeiten ein. Dabei kann die Aerosolübertragung mit einfachen, nicht einschränkenden Maßnahmen effizient reduziert werden. Dazu braucht es:

  • Systematische Installation besserer mechanischer Belüftungs- sowie Filtersysteme oder UV-Luftdesinfektionssysteme in öffentlichen Räumen;

  • Ausstattung der öffentlichen Räume mit CO2-Sensoren, damit Nutzer bei schlechter Luftqualität Maßnahmen ergreifen können.

  • Eine breit angelegte Informationskampagne zur Aufklärung der Bevölkerung über die Übertragung der Krankheitserreger durch Aerosole.

Und in Österreich? Jedes Jahr lädt der Arbeitskreis Innenraumluft im Bundesministerium Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) zu Fachtagen mit unterschiedlichen innenraumrelevanten Schwerpunkten wie beispielsweise Schimmel, Lüftung von Innenräumen, Raumluftverbesserung durch Zusätze oder Passivhäuser und Gesundheit. Im vorigen Jahr stand das Thema „Die gesunde Schule“ im Vordergrund. Heuer wird auf das seit Jahrzehnten nach wie vor aktuelle Thema „Altlasten in Innenräumen“ eingegangen (wobei nicht die aus der Abfallwirtschaft bekannten Altlasten gemeint sind).

Das Programm der letzten beiden Jahre ist besonders anregend und enthält wertvolle Informationen . Ein Vortrag von Rainer Pfluger, Arbeitsbereich für Energieeffizientes Bauen, Universität Innsbruck hatte besondere Wirkung auf mich, weil er mir half, Vorurteile abzubauen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Bildungssprecherin der Grünen, die CO2 Messgeräte im Wert mit Eieruhren verglichen hat, durch engere Kontakte mit solchen Initiativen Nutzen ziehen könnte. Oder ist ganz einfach für Wärmerückgewinnung (WRG im Insert) anlässlich einer Nachrüstung eine andere Person in der Partei zuständig? Das kam mir beim Durchschauen der Vorträge in den Sinn. Im Bildungsministerium wird diese Initiative erfolgreich ignoriert, vermutlich auch im Gesundheitsministerium.

Als ich einen für Verbesserung der Raumluft engagierten Lehrer und Gewerkschafter fragte, welche Noten er dem Bildungsministerium für Nachrüstung von Be- und Entlüftungen in den Schulen geben würde, antwortete er lapidar: Nicht genügend. Bildungsmister Martin Polaschek hat also einen Nachzipf.

Zum Abschluss noch ein Bericht über eine Veränderung, über die sich die Seuchenkolumne freut. Im heurigen Frühjahr wurden nach einem Abgleich des Sterberegisters von Statistik Austria und dem Epidemiologischen Meldesystem (EMS) ca. 3 000 Todesfälle entdeckt, die der WHO Definition für einen Covid Todesfall entsprachen. Die AGES arbeitet mit Ereignisdaten (Datum der Probengewinnnung bei Diagnose & Todesdatum), was adäquate Korrekturen bei irregulären Nachmeldungen erlaubt. Auf dem Server des Gesundheitsministeriums existiert jedoch eine Parallelwelt („Morgenmeldung“), wo die Daten je nach Meldung hinzugestöpselt werden. Bei einem Blick auf die damals weltweit meist besuchten Webseiten zu Informationen über das Coronavirus kam man aus dem Staunen nicht heraus: Österreichs Covid-Todesfälle waren aufgrund einer realen schlampigen Verfassung für einige Tage die höchsten der Welt. Die Johns Hopkins University als DER Datenverteiler der Welt zu Corona verwendete offenbar die „Morgenmeldung“.

Es ist absolut unzulässig und unverständlich, dass das Gesundheitsministerium auf seiner Webseite und die zu 100% im Eigentum der Republik stehende AGES unterschiedliche Zahlen zu den Todesfällen liefern. Ich kenne kein Land das sowas macht. Es ist auch wissenschaftsethisch verwerflich. Also habe ich sowohl Our World in Data als auch die Johns Hopkins University kontaktiert.

Es schaut so aus, als wäre die Korrespondenz zu Our World in Data & Johns Hopkins University doch erfolgreich. Jetzt müssen nur noch die Österreicher und Österreicherinnen die Morgenmeldung endlich kübeln. Disclaimer. Ich schätze das österreichische Ginger Ale.

Wenn man sich die einzelnen Bundesländer anschaut, treten Unterschiede zu Tage, die unerklärlich sind. Die Zahl der Todesfälle aus Kärnten, Steiermark, Salzburg und Wien ist in beiden Datenbanken annähernd identisch (siehe nächste Tabelle), weicht aber bei den anderen Bundesländern beträchtlich ab, ganz enorm in Tirol (30%).

Ganz offensichtlich alles richtig gemacht. Fast bewundernswert diese Sturheit.

Hier noch eine kleine To Do Liste für den Gesundheitsminister Johannes Rauch, die er leicht über das Wochenende abarbeiten kann

  • Morgenmeldung kübeln (spätestens Montagmorgen), dabei natürlich nicht vergessen, die AGES damit zu beauftragen, vorhandene Lücken in ihren Daten nach außen zu schließen (.B. Zahl der durchgeführten Tests).

  • Daten zur 4. Impfung stehen der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung! Die 4. Impfung ist in keinen der Öffentlichkeit zugänglichen Daten erfasst: Könnten Sie umgehend bekannt geben, dass Sie diesen Missstand beheben wollen?

  • Ausreichend Impfungen für den Herbst? Von welchen Impfstoffhersteller? (Regierungen der Schweiz und Deutschland sind diesbezüglich transparent)

  • Dem Arbeitskreis Innenraumluft vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) als Expertenteam dem Gesundheitsministerium assoziieren und bei der nächsten Fachtagung im Herbst „„Altlasten in Innenräumen“ bitte die Eröffnungsrede zu halten

  • Würden Sie uns benennen, welche politischen Kräfte „wir können im Sommer nicht alle Menschen einsperren“ Sie vertreten?

P.S.: Als die Impfpflicht vereinbart wurde, stand am 22. November in der Seuchenkolumne: „Aber jetzt gibt es den Joker der Impfpflicht. Wenn der Staat sich nicht mehr zu helfen weiß, greift er zum Komplizierteren. Von mir aus … Ausgerechnet Österreich traut sich nun als einziges westeuropäisches Land über so schweres Terrain. Hoffen wir, dass es gelingt. Helfen können wir nicht, es ist tatsächlich Angelegenheit des Staates.“

Aufhebung der Impfpflicht: sei’s drum. Aber die Begründung (Aufhebung der Spaltung der Gesellschaft oder veränderte Pandemie) ist hanebüchen.« R. Z.

Ein zweiter Teil folgt am Montag.


Distance, hands, masks, be considerate!

Ihr Armin Thurnher

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