Sobos Rosenreise, oder: hochrangig in Highgrove

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 738

Armin Thurnher
am 25.05.2022

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Originaltext von der Parlaments-Homepage: „Nationalratpräsident(sic) Wolfgang Sobotka zu Besuch in London von links: Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), HRH Charles, Prince of Wales © Parlamentsdirektion / Nick Cole“

Wofür bezahlen wir diesen Mann? Für sein unbezahlbares Lächeln? Oder ist es ein Grinsen? Seiner Mimik haftet etwas Aggressives an, etwas Hämisches, etwas Besserwisserisches, etwas Arrogantes, etwas von oben herab Feixendes. Schmähredner grimassieren so, Leute, die versuchen, eine überlegene Fassade aufrechtzuerhalten, hinter der doch erkennbar bereits der puterrote Plutzer lauert, der ausbricht, wenn das Grinsen nicht mehr trägt.

Das sind freilich nur Projektionen eines Menschen, der einen anderen nicht mag. Ich bin der eine, Wolfgang Sobotka der andere. Wahrscheinlich lächelt er einfach, weil er sich freut. Wenn es mich nicht freut, lächelt er auch, hätte Karl Valentin gesagt. Oder so.

Ich lächle nicht. Mein Plutzer ist, sobald ich dieses Plutzers ansichtig werde, puterrot vor Zorn. Denn ich, österreichischer Steuerzahler, der sich weiß Gott nicht oft auf dieses sein Steuerzahlen beruft, bezahle diesen Mann dafür, dass er seinen Job im Nationalrat zu Wien macht, dessen Präsident er aus erklärbaren aber unerklärlichen Gründen ist.

Zudem hat er sich in absichtsvoller Verkennung und selbstherrlicher Fehlinterpretation der Rechtslage dafür entschieden, auch den parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu leiten, welche der Korruptivität der ÖVP erforschen soll, weswegen er, Sobotka, dort auch selbst geladen sein wird. Wie schon des öfteren erklärt, genügt juristisch der bloße Anschein der Befangenheit, um als befangen zu gelten. Und der Anschein der Korruptivität umspielt Sobotka wie nur einen Heiligen die Aureole. Die Gloriole des Alois-Mock-Instituts, dessen Präsident er ist oder war, umglänzt seine hohe und doch niedrige Stirn mit dem milden Blinklicht eines Glückspielautomaten von Novomatic, das mit dem Mock-Institut lebhafte Geschäftsbeziehungen pflegte.

Sobotka treibt es mit derlei Peinlichkeiten so wie die amerikanischen Republikaner mit dem Begriff der Korruption. Sie bezeichnen einfach alle als korrupt, die nicht ihrer Ansicht sind, und demontieren auf diese Weise den Begriff der Korruption. Denn wer einen Republikaner, etwa die Familie Trump, als korrupt bezeichnet, ist selbst korrupt, weil ja nicht der Ansicht der Republikaner.

Ein Kommentar der Washington Post hat das jüngst sehr plastisch beschrieben, und damit auf ein Problem hin gewiesen, das wir auch in Gestalt des Sobotkismus erleben: man verrückt die Bezeichnungen so lange, bis alle verrückt sind. Die Lüge ist von der Wahrheit nicht mehr zu unterscheiden, der Boden auf dem Demokratie steht, wird zu Treibsand.

Da grinst er wieder, der Sobotka. Was ist schon befangen? Es scheint, nicht alles, was so scheint, scheint’s. Verstanden? Solche Denkmuster heimisch zu machen, ist ein Ziel von Sobotka und von seinen Gesinnungsfreunden und Ziehsöhnen, deren Namen wir aus der heutige Kolumne fernhalten wollen. Wozu einen Untersuchungsausschuss über mutmaßliche Korruption der ÖVP? Diese Partei regiert Österreich genetisch, sie ist das Mark dieser Republik, sie steckt uns in den Knochen, sie kann gar nicht korrupt sein. Wir brauchen keine uigurischen Umerziehungslager, wir haben Sobotka.

Für die Vernebelung des österreichischen Bewusstseins bezahlen wir Steuerzahler Herrn Sobotka aber nicht. Wofür bezahlen wir ihn dann? Für seine Reisen natürlich. Allein heuer war er in Deutschland, Tschechien, Italien und Israel, Indien nicht zu vergessen. Immer führte er „hochrangige Gespräche“, wobei man durchaus an die Zirkuskuppel oder an die billige Plätze in der Oper denken darf, Substantielles kommt bei diesem hochrangig-sobotkistischen Getue nie heraus. Nur Spesen.

Warum spielt der lustig lachende Mann ungebetenerweise den Ersatz-Außenminister? Reicht uns nicht Schall- und Rauchenberg? Und der junge Hupfer in der Hofburg, ist der nix?

Jüngst war Sobotka in London. Was konnte er in Erfahrung bringen? Queen Elizabeth überlege, an der traditionellen Militärparade Trooping the Colour teilzunehmen, berichteten die Oberösterreichischen Nachrichten. Da wäre es wichtig, zu wissen, was dran ist. Das lassen wir uns schon was kosten! Nix da: „Details konnte auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (VP), der am Montagvormittag Prinz Charles in Highgrove Gardens traf, nicht in Erfahrung bringen. Er habe Fragen nach der Queen bewusst ausgelassen, sagte Sobotka. Das Protokoll sei rigide, das sei so zu akzeptieren.“

Hochrangig war er wieder, auch wenn er nichts in Erfahrung bringen konnte. Prinz. Rigide ans Protokoll gehalten. Dieses sagte: hochrangig Maul halten, und Sobotka hielt. Hochgradig, äh hochrangig. Als was war er überhaupt dort? Als Royals-Klatschreporter? Nein, wissen die Oberösterreichische Nachrichten, „Sobotka war in seiner Funktion als Präsident der Bewegung ,Natur im Garten‘ eingeladen worden. In Highgrove Gardens betreibt Prinz Charles unter anderem ein Ausbildungsprogramm für regionale Landwirtschaft. Sobotka, selbst begeisterter Hobbygärtner, brachte als Präsent eine ,nachhaltige und robuste‘ Rose mit, von Charles erhielt er Produkte aus Highgrove Gardens. Prinz Charles wurde vom Nationalratspräsidenten bei einem Vier-Augen-Gespräch nach Österreich eingeladen. Sobotka schwärmte: Prinz Charles sei unprätentiös, humorvoll und habe viel Tiefgang.“

Das kann man von Sobotka naturgemäß nicht sagen, aber dieser war offensichtlich froh, nichts über den Lügenbold in Downing Street 10 sagen zu müssen. Obwohl ein hochrangiger Erfahrungsaustausch im Tatsachenverdrehen gewiss seinen Reiz gehabt hätte. Aber so ein Foto mit Prinz Charles, bei dem dem Herrn links im Bild in keiner Weise schwant, dass er dem Dreiknopfsakko des Herrn rechts (vermutlich Savile Row) nicht einmal ansatzweise gewachsen ist, mit seinem zweiknöpfigen, englisch sein wollenden Tweed-Imitat und besoffen von seiner wichtigtuerischen „Hochrangigkeit“, das ist schon hochrangig peinlich und muss uns jeden Steuereuro wert sein. Daran ändert auch das sphinxhafteste Plutzergrinsen nichts, das vermutlich meint, es lächle uns zart und rosenblättrig an.


Distance, hands, masks, be considerate!

Ihr Armin Thurnher

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