Lausche aufmerksam, Van der Bellen! Die Seuche spricht zu dir.

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 736

Armin Thurnher
am 23.05.2022

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Die Seuchenkolumne (vulgo „die Seuche“) und ihr Autor begrüßen hiermit ausdrücklich die Wiederkandidatur des Kandidaten van der Bellen. Wir möchten ihm die folgenden nachdenklichen Worte mit auf den Weg geben, denn wir sind nicht so (mir san jo ned aso), auf den Weg, auf den er sich selbst gebracht hat, als prächtiges Wortpaket, das er schnürte mit aller Routine und zugleich habituellen Listigkeit, die einem Professor eben innewohnt. (Die kursiv Gesetzten sind seine eigenen.)

Ein Schalk, wer Schalkhaftes dabei denkt, es ist nur die Milde Gabe der Ironie, die ihm gegeben ist, ihm, der alles in das sanfte Licht des Nicht-so-Seins taucht, diese philosophisch geniale Alternative zum So-Sein (vom An-Sich-Sein und An-und-Für-Sich-Sein ganz zu schweigen), welche die Möglichkeit des Andersseins aufblitzen lässt, den einzigen Trost, der uns So-Seienden geblieben ist.

Wir sagen also, und lausche aufmerksam, Van der Bellen, denn so hat dir das nicht einmal der Lockl gesagt, dein potentieller Nachfolger, der übernächste Bundespräsident Lockl, der sich momentan auf einem Seitenparkplatz geparkt hat, wohin ihn ein Seitenbrief brachte, es ist aber kein Seitenweg, geschwiege denn ein Abweg oder ein Abstellgleis, es ist ein guter Weg auf den er sich da brachte, wie auch der deine, Van der Bellen.

Screenshot: youtube

Österreichischer Bundespräsident. Du weißt es! Eine spannende Aufgabe. Man muss Überraschungen lieben. Kein Mensch kann einen vorbereiten auf das, was einen da erwartet.

Wer von uns hätte vor fünf Jahren auch nur eine Idee davon gehabt, was alles passieren würde. In Europa. In der Welt. In unserem geliebten Österreich. Seien wir ehrlich: Dinge wie Ibiza sind heute fast schon vergessen.

Und ich sage dir noch eines, Van der Bellen. Diesen Zwischenkanzler, diesen Schwindelmessias, diesen Austrickser väterlicher Ratgeber, diesen Einseifer von Massen und Honoratioren, der mit deinem Hündchen so artig spielte, den haben wir auch fast vergessen. Wer weiß, wo der in fünf Jahren sein wird? Vielleicht kommt er, vollgepumpt mit den Schriften des René Girard und der von Peter Thiel vermittelten Börsenkohle („Investments“), und entreißt den europäischen Regierungen jenes Steuer, das sie so saftlos unnationalistisch in der Hand halten? Seien wir ehrlich, das wäre entbehrlich. Aber es kann so kommen, wer weiß das schon?

Ich habe jedenfalls schon alles vergessen, was in fünf Jahren sein wird. Denn, Van der Bellen, eines ist gewiss: Wir leben in einer Übergangszeit. Nichts ist mehr selbstverständlich. Und wir müssen für das, was uns wichtig ist, jeden Tag aufs Neue eintreten.

Ich würde sogar sagen, manchmal, Van der Bellen, müssen wir für das Neue das Alte in den Arsch treten, oder wir müssen dem alten Beharrenden die Tür eintreten, jedenfalls müssen wir auf jene hintreten, die das Treten zu ihrem Lebensinhalt machen (ich meine das mit dem Treten naturgemäß nur metaphorisch). Das einzige, für das wir nicht eintreten müssen, ist das Eintreten eines neuen Tags, denn der tritt jeden Tag ein.

Es wäre aber schön, wenn du, Van der Bellen, der du nichts mehr zu verlieren hast, etwas energischer gegen jene Figuren vorgehen könntest, die unsere Republik von innen her aushöhlen wie der Wurm das Holz. Ich denke da an einen gewissen Nationalratspräsidenten, dessen Namen wir hier nicht nennen, um nicht durch Austreten von Geifer und Galle deine Feierstunde zu trüben.

Ja, ich glaube zu wissen, dass es so herausfordernd bleiben wird, Van der Bellen! Nationalisten greifen nach der Macht, wenn wir es zulassen, und wenn wir es nicht zulassen auch. Wir müssen Ihnen eine auf die Finger geben, sonst nimmt der Sobotka, wie wir sehen, die ganze Hand bis zur Achselhöhle. Und dass du mir nicht davon redest! Dass du vielmehr sanft sprichst, aber einen großen Prügel bei dir trägst, wie es der Präsident Roosevelt riet, speak softly and carry a big stick!

Wohlan, Van der Bellen, es wird eine große Aufgabe sein, den Frieden, unsere Demokratie und Werte, den sozialen Zusammenhalt, und unsere wunderschöne Natur zu bewahren. All das, was uns lieb und teuer ist in unserer Heimat. All das Gute zu bewahren und mitzunehmen in die Zukunft. Darum geht es in den kommenden Jahren. Und das kommt auch gut auf den Plakaten, wie wir wissen, Van der Bellen. Zeig es den Bürgern, dass du, der weiland Sozi, doch der bessere Bürger bist! Zeig dem Baumbart, wo der Wald wohnt! Lock sie, wie es nur der Lockl konnte!

Ich möchte – wenn du einverstanden bist – das Meinige dazu beitragen, dass die nächsten Jahre gut werden für uns alle. Und ich werde keine Ruhe geben, bis ich sicher bin, dass wir alle gemeinsam auf dem richtigen Weg sind. Mit all meiner Lebenserfahrung und Kraft da sein für unser Österreich! Ich kann mir nichts Sinnvolleres vorstellen.

Deswegen, Alexander Van der Bellen, fordere ich dich hiermit auf, für das Amt des österreichischen Bundespräsidenten zu kandidieren und verspreche dir meine Unterstützung und meine Stimme (außer der Lukas Resetarits tritt an, dann würde ich noch einmal darüber nachdenken)!

Ihr Armin Thurnher samt seiner Seuchenkolumne.

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