Corona in Kuba: warum die Insel vieles richtig macht

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 714

Armin Thurnher
am 27.04.2022

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Heute berichtet Epidemiologe Robert Zangerle unter anderem von Kuba. Erstaunlicherweise hat die von vielen Problemen geplagte Insel – keineswegs eine Demokratie – die Pandemie besser bewältigt als Österreich. Warum Kuba überhaupt eigene Impfstoffe entwickelte, und warum es seinen 11 Millionen Einwohnern 35 Millionen Impfdosen verabreichte, Österreich seinen 9 Millionen Einwohnern aber nur 18 Millionen Impfdosen, und vieles andere wird hier erklärt. A. T.

»Eigentlich wollte man aus den Fehlern bei HIV & AIDS gelernt haben, so der Tenor, als die Initiative, einen weltweit gleichmäßigen und gerechten Zugang zu COVID-19-Impfstoffen zu gewährleisten, mit der Gründung von COVAX (COVID-19 Vaccines Global Access) institutionalisiert wurde. COVAX wurde von der WHO in Zusammenarbeit mit GAVI (Global Alliance for Vaccines and Immunisation) und CEPI (Coalition for Epidemic Preparedness Innovations) implementiert. Die UN-Organisation UNICEF spielt dabei eine wichtige logistische Rolle. COVAX ist nach strenger Auslegung bisher weitgehend gescheitert, da reiche Nationen Impfstoffe aufkauften und Hersteller ihre Versprechen in der Produktion weit hinter sich ließen. Deshalb bildete sich rasch eine Bewegung zur Aufhebung von Patenten (Intellectual Property [IP] Waiver). Indien und Südafrika stellten am 2. Oktober 2020 einen Antrag bei der Welthandelsorganisation (WTO), das TRIPS (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights)-Abkommen in diesem Sinne abzuändern. Über 100 Länder unterstützten diesen Vorschlag. Die EU, die Schweiz und weitere Länder lehnen ihn ab. USA?

Nach 18 Monaten Blockade, vor allem der reichen Länder der EU, einigte man sich in der WTO, dass die Europäische Union, Indien, Südafrika und die Vereinigten Staaten einen möglichen Kompromiss zum „TRIPS Waiver (Anm. Aufhebung)“ ausarbeiten sollen, um die Barrieren des geistigen Eigentums (Intellectual Property – IP) für COVID-19-Medizinprodukte zu beseitigen. Mitte März sickerte ein Text dieser Kompromissverhandler durch, der weit davon entfernt ist, ein IP-„Verzicht“ auf medizinische Instrumente für Pandemien zu sein. Zu den wichtigsten Einschränkungen des durchgesickerten Textes gehört, dass er nur Impfstoffe (Medikamente und Diagnostika zu einem späteren Zeitpunkt) abdeckt, geografisch begrenzt ist (v.a. große Länder und China wären ausgeschlossen) und nur für Patente gedacht ist, aber keine anderen Hindernisse für geistiges Eigentum aufhebt, wie z. B. Geschäftsgeheimnisse, die möglicherweise kritische Informationen enthalten, die zur Erleichterung der Herstellung erforderlich sind. Schaut nicht nach ernsthaften Lösungen aus.

Anfang Oktober 2021 versprach Moderna, eine Produktionsstätte für Impfstoffe in Afrika zu bauen. Ohne Angaben, wann das der Fall sein wird. In den Medien wurde das reichlich naiv als Geburt der afrikanischen Pharmaindustrie kommentiert. Entwicklungen der letzten Jahre zeigen aber klar, dass der Markt allein nicht dafür sorgt, wie das am Beispiel Grippe gezeigt werden kann. Nach vielen Jahren Gesprächen schaffte 2011, anlässlich der kursierenden Vogelgrippe, endlich eine Initiative zur Verbesserung des globalen und gerechten Zugangs zu Influenza-Impfstoffen im Falle einer Pandemie den Durchbruch. Das Ziel war die Unterstützung der Produktionskapazitäten von Entwicklungsländern durch Technologietransfer, um echte lokale Kapazitäten aufzubauen. Dies ist nicht dasselbe wie die Errichtung eines Satellitenwerkes durch einen multinationalen Hersteller, zu seinen eigenen Bedingungen und Zeitplänen.

Die GAVI (Global Alliance for Vaccines and Immunisation) wurde eben genau deswegen ins Leben gerufen, weil bei der Herstellung und Verteilung von Impfstoffen die Märkte versagen. Das räumt auch Bill Gates ein, dessen vehementes Auftreten gegen eine Aufhebung der Patente jedoch viele Kritiker auf den Plan gerufen hat, die der Bill und Melinda Gates Stiftung (hier und hier) vorwerfen, dass dadurch für weit mehr Menschen lebensnotwendige Medikamente unzugänglich bleiben als durch die Stiftung finanziert werden könnten. Andere Kommentatoren vertreten die Meinung, dass die „reale Welt“ Marktlösungen erfordert, und dass die Kritiker der Marktlösungen die Realität nicht „verstehen“. Die Rolle des geistigen Eigentums bei der Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen ist jedoch weitaus subtiler und weniger geradlinig, als gemeinhin angenommen wird. Das Editorial Board der New York Times hat ganz rezent eine Korrektur des amerikanischen Patentrechtes gefordert, weil es von der Pharmaindustrie in schändlicher Weise missbraucht werde.

Das Marktversagen geht also über Impfungen hinaus. Erschreckend, wenn man sich die Geschichte von AIDS, Grippe, Tropenkrankheiten bis hin zu Tuberkulose ansieht. „Der Markt liefert nicht“. Es dauerte viele Jahre, bis bei HIV eingeschränkt für bestimmte Medikamente ein Patentpool geschaffen wurde, immer begleitet von einem Untergangsgeheul, die Forschung für Medikamenten betreffend. Die weltweite Produktion von Generika für HIV hat die HIV-Forschung und -Entwicklung jedoch alles andere als zum Stillstand gebracht, sie hat vielmehr Millionen den Zugang zu diesen Medikamenten geschaffen und damit ermöglicht, dass sie am Leben bleiben.

Um Fortschritte in die Tat umzusetzen, müssten die Länder der Welthandelsorganisation

• den Verzicht auf geistiges Eigentum schnell verabschieden,

• Technologietransfers durchführen,

• globale Produktionskapazitäten umwidmen und

• die Produktion von Rohstoffen steigern

All dies erfordert eine beträchtliche globale Zusammenarbeit, ganz zu schweigen vom finanziellen und politischen Engagement von Ländern mit hohem Einkommen.

Um von einer Desillusionierung abzulenken, zum Praktischen: Die 92 vom GAVI-Vorstand genehmigten Länder und Volkswirtschaften mit niedrigem und mittlerem Einkommen werden über das COVAX Advance Market Commitment (AMC) Zugang zu Impfstoffen haben. Das AMC wird zumindest einen Teil der Kosten übernehmen. Darüber hinaus gibt es Vereinbarungen mit 80 Ländern (high income und upper-middle income countries), die sich die Impfungen selbst finanzieren (44 Länder haben eingewilligt, dass ihr Namen veröffentlicht wird, siehe folgende Tabelle).

Die Klassifikation des GNI (Gross National Income) erfolgt nach Kriterien der Weltbank, die high (HIC), upper-middle (UMIC), lower-middle (LMIC) & low income countries (LIC) unterscheidet. Die Upper-Middle Income Countries gehören zu den potentiell sich selbst finanzierenden Ländern, dazu gehören Brasilien, China, Rumänien, Bulgarien, Länder des Westbalkans, Irak, Malaysia, Mexico, Costa Rica, aber auch überraschenderweise Kuba. In der folgenden Grafik sieht man die maximale Anzahl an Todesfällen, die an einem Tag (über 7 Tage gemittelt) aufgetreten ist. Und zwar in der linken Hälfte bis zum 1. November 2021 und in der rechten Hälfte seit dem 1. November 2021. Kuba (roter Punkt) hat seit dem 1. November praktisch kaum Covid Todesfälle! Kann das stimmen?

Zahlen zu Gesundheitsindikatoren aus Kuba sind an und für sich ziemlich stimmig, wenngleich ein Vergleich der Fallzahlen von Covid immer mit Vorsicht zu genießen ist, weil Teststrategien der Länder und das Testverhalten der Bevölkerung hier einen wesentlichen Einfluss haben. Die Anzahl der täglichen Todesfälle in Kuba seit dem 1. November lag maximal bei 0,5 pro Million Einwohner (in Österreich immer mehrfach höher, Maximalwert lag bei 5 Todesfällen pro Million Einwohner). Wieso unterscheidet sich die Sterblichkeit in der Omikron Welle in Kuba so stark von der Deltawelle? Wieso berichten die Medien nicht darüber?

Letzten Sommer waren die Medien voll von Berichten über Proteste der Bevölkerung gegen die Regierung in Kuba. Die Proteste richteten sich gegen die Regierung. Der Unmut entzündete sich an der aktuellen Wirtschaftskrise und der damit einhergehende Strom- und Lebensmittelknappheit. Auch „Nieder mit der Diktatur“ war einer der Slogans der Protestierenden.

Kubas Gesundheitssystem, lange Zeit eine Quelle des Nationalstolzes, kam in akute Not, besonders in den entfernten Provinzen des Landes. Die Sauerstoffvorräte für Covid-19-Patienten gingen zur Neige, und die Fabrik, die Sauerstofflaschen herstellt, war vorübergehend geschlossen. Leichenhallen und Krematorien waren überfüllt. Kubaner veröffentlichten herzzerreißende Videos von toten Verwandten, in denen behauptet wurde, dass ihre Angehörigen mangels medizinischer Versorgung gestorben sind. Die Pandemie belastete die medizinischen Systeme auf der ganzen Welt, aber für Kuba war und ist das besonders bedeutsam, da die Regierung ihr kostenloses Gesundheitssystem als eine bedeutende Errungenschaft der Revolution hochgehalten hat. Das war es ja auch, und damit war Kuba fast allen anderen Ländern in Lateinamerika weit voraus. Aber die wachsende Krise hat ein ausgefranstes System offenbart, das zwar oft medizinische Durchbrüche hervorbringt, aber auch als schlecht ausgestattet und unterfinanziert gilt. Zu schwer lastete die Kombination von Corona-bedingtem Zusammenbruch des Tourismus, den anhaltenden US-Sanktionen (von Trump verschärft und von Biden nicht zurück genommen!) und den Fehlern der Regierung auf dem Land.

Kuba ist das kleinste Land der Welt, das eigene Covid-Impfstoffe entwickelt hat. Sowohl Soberana 02 als auch Abdala haben laut klinischen Studien eine Wirksamkeitsrate von mehr als 90 %. Aber die US-Sanktionen haben die Einführung verlangsamt. Seit die scheidende Trump-Regierung Kuba als „staatlichen Sponsor des Terrorismus“ bezeichnet hat, haben Unternehmen Angst bekommen, und nur eine Handvoll Banken auf der Welt werden jetzt Gelder von kubanischen Einrichtungen überweisen, was die Importe erschwert. Kubanische Wissenschaftler beklagten, dass die Produktion von Soberana 02 im industriellen Maßstab wochenlang eingestellt wurde, da sie einen wesentlichen Bestandteil nicht beschaffen konnten. Die US-Sanktionen haben eine schändliche, sogar tödliche Wirkung auf Kubas Fähigkeit gehabt, der Deltawelle standzuhalten.

Mitte August 2021 hat ein Viertel der Bevölkerung zwei Impfdosen erhalten, 45% erst eine. Man rechnete damit, dass im September genug Impfdosen vorhanden sein würden und dass dann bis Ende des Jahres die ganze Bevölkerung geimpft werden kann. So kam es dann auch. Vielleicht eine Denksportaufgabe für unsere Medien, zu überlegen, wieso ein Land, das erst schwerste Proteste erleben, dann aber eine wie kaum anderswo erfolgreiche Impfkampagne durchziehen kann. Erste Erfahrungen Kubas mit der Virusvariante Delta und Analysen zur Wirksamkeit der Impfstoffe bestätigten und legten schon vor Beginn der Impfkampagne fest, dass die primäre Impfserie zur Grundimmunisierung aus 3 Impfungen besteht (wie z.B. unsere Zeckenimpfung).

Ein Vergleich der Sterblichkeit der Deltawelle mit Österreich zeigt für Kuba einen früheren und längeren Verlauf (Juli bis Oktober 2021) und annähernd die Maximalwerte von Österreich, die im Augenblick in den internationalen Datenbanken nicht dargestellt werden können, weshalb hier eine 10 Tage alte Grafik gezeigt wird. Das Gesundheitsministerium gefällt sich offenbar im „Flooding the Zone with Shit“, obwohl die korrekte Darstellung der vielen Nachmeldungen ganz schnell und ohne Aufwand behebbar wäre (mehr davon am Samstag). Sie glauben es nicht? Dann gehen Sie auf die Webseite von Our World in Data. Österreich hätte demnach aktuell die höchste Sterblichkeit der Welt, was natürlich absurd ist. Aber in puncto der Kombination aus Ignoranz & Arroganz dürften wir tatsächlich führen.

Wenn man sich die kumulative (zu einem bestimmten Zeitpunkt ansammelnde) Sterblichkeit vergleichend anschaut, so kommen sehr unterschiedliche Kurven zustande. Hier (unten) benutzte ich die neueste Grafik, wo die fehlende Korrektur nicht so extrem schmerzt, obwohl klar ist, dass wir die Schweiz in den Todesfällen im Laufe des Winters 2020/2021 überholt haben und nicht erst im Herbst 2021, wie es die unkorrigierte Kurve weismachen will. Bei Hongkong kann man sehen, dass aktuell die Zahl der Todesfälle dramatisch zurückgegangen ist und sich auf einem Niveau wie Deutschland befindet (Kurve wird flach), so wie es bei Kuba seit November zu sehen ist.

Was ist in Kuba passiert? Waren die präventiven Maßnahmen seit November so rigoros? Und wieso hört man dazu fast nichts? Kubas Erfahrung ist wirklich bemerkenswert. Das Land zeichnet sich durch die Entwicklung und Herstellung eigener Impfstoffe aus. Aufgrund dessen war es in der Lage, die Impfabdeckung sehr schnell zu erhöhen – ein Heimvorteil, den andere Impfstoffherstellernationen auch genossen haben. Kubas Entscheidung, eigene Impfstoffe zu entwickeln und nicht mit COVAX zu verhandeln, hat höchstwahrscheinlich mit der tristen Devisensituation zu tun. Obwohl die finanziell angeschlagene Insel unter der Pandemie und den verschärften US-Sanktionen nahe am Zusammenbruch stand, wird sie von der Weltbank nicht zu den Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen gezählt, sondern aufgrund des offiziellen Wechselkurses gilt Kuba als Upper-Middle Income Country. Diese Klassifikation der Weltbank spiegelt also nicht die Kaufkraft wider. Kuba konnte demnach nicht damit rechnen, einen Anspruch auf kostenlose Impfstoffe im Rahmen von COVAX zu erhalten.

Fünf der Gründe, die die kubanische Kontrolle über die Omikron-Wellen erklären könnten:

  1. Als Omikron sich zu verbreiten begann, hatte Kuba schon 90 % seiner Bevölkerung geimpft. (3 Impfungen – siehe Punkt 3 unten.).

  2. Die kubanische Impfkampagne für Erwachsene lag im Vergleich zu anderen Ländern kürzer zurück.

  3. Auch aufgrund der vorherigen Beta- und Delta-Wellen enthielten die kubanischen Impfschemata bereits eine dritte Dosis (gilt nicht als Booster!).

  4. Kuba hat 97 % seiner Kinder ab 2 Jahren geimpft, und die Mehrheit davon vor der Wiedereröffnung der Schulen.

  5. Im Januar 2022 hatten bereits mehr als 50 % der kubanischen Bevölkerung eine zusätzliche Auffrischungsdosis („Booster“). Dieser „Booster“ folgt bei Abdala und Soberana 02 auf der aus drei Impfungen bestehende Grundimmunisierung, stellt also bei diesen beiden Impfstoffen einen vierten Stich dar.

Außerdem zeigte die kubanische Bevölkerung immer großen Respekt bei den nicht-pharmazeutischen Interventionen, so wurde die Verwendung von Masken anstandslos angenommen, im Bedarfsfall auch im Freien. Die kubanische Bevölkerung ist im Allgemeinen sehr wissenschaftsorientiert, sogar ein wenig technikaffin und die logistische Kraft des kubanischen Staates in Katastrophensituationen (Hurrikane!) genießt weltweit hohes Ansehen. Kuba hätte den USA bei Katrina tatsächlich helfen wollen und können. US-amerikanische Forscher haben im führenden wissenschaftlichen Public Health Journal (paywall) dokumentiert, dass Kuba eine koordiniertere und umfassendere Pandemiepolitik betrieben hat, weshalb die Resultate besser ausfielen. Und das nach der schweren Deltawelle in Kuba. Was wohl Analysen zum Ist-Zustand sagen würden?

Vorgestern wurde hier ein weltweiter Vergleich eines Äquivalents von zwei Impfungen („double-dose equivalents“) gezeigt, heute ein Vergleich zu einem Booster (interaktive Karte), wiederum von Philip Schellekens. Um Booster korrekt zu erfassen, ist eine Standardisierung für ein Äquivalent von zwei Impfungen unerlässlich, gerade im Fall von Kuba, das zwei 3-Dosen-Protokolle anwendet: Abdala und die Kombination aus Soberana 02 & Soberana Plus. Das äußert sich auch in Zahlen: Kuba hat seinen 11 Millionen Einwohnern 35 Millionen Impfdosen verabreicht, Österreich den 9 Millionen Einwohnern 18 Millionen Impfdosen.

Die kubanische Impftechnologie hat der Welt auch die mögliche Stärke einer öffentlichen Biotechnologie bewiesen: fünf Impfstoffkandidaten, drei sind von der kubanischen Regulierungsbehörde CECMED (mit hohen Standards von der WHO) anerkannt

  • Abdala (Erwachsene)

  • Soberana 02 (einziger SARS-CoV-2-Konjugat-Impfstoff für Kinder ab 2 Jahren)

  • Soberana Plus (Booster für Covid „Genesene“ Rekonvaleszente (Erwachsene und Kinder)

Zwei Impfstoffkandidaten:

  • Soberana 01 (besonderes Adjuvans zur Immunverstärkung, Zuckermolekül)

  • Mambisa (intranasaler Impfstoff )

Die Mehrheit der Daten ist öffentlich und/oder wurde in von Experten begutachteten internationalen Zeitschriften veröffentlicht. Weitere sind in Überarbeitung oder bereit zur Einreichung. Kubas Impfgeschichte  würde man gerne anderswo auf der Welt auch sehen. Es unterstreicht, dass Veränderungen im TRIPS Abkommen unverzichtbar sind.

BioCubaFarma ist eine kubanische staatliche Biotechnologie-Organisation. Sie ist für rund 50 % aller kubanischen Forschungsaktivitäten verantwortlich Sie wurde 2012 per Regierungsdekret aus einer Vielzahl bereits bestehender Organisationen gegründet. Die Stärke und der Wert von BioCubaFarma stammen aus einem Netzwerk von 34 Unternehmen. Acht Institutionen bilden das Kernstück dieses Netzwerks, darunter das berühmte Finlay Institut (Instituto Finlay de Vacunas IFV). Das IFV ist Kubas bedeutendstes Forschungs- und Produktionszentrum für Impfstoffe. Zu den Spitzenleistungen von IFV gehörte die Entwicklung des ersten Impfstoffs der Welt gegen Meningitis B vor fast 30 Jahren. Seine Wirksamkeit von 83 % wurde in einer prospektiven, randomisierten, doppelblinden, Placebo kontrollierten Feldstudie nachgewiesen.

Zusätzlich zu seinem nationalen Netzwerk hat BioCubaFarma eine umfassende globale Präsenz durch Joint Venture Unternehmen in China, Spanien, Thailand und Singapur; ausschließlich in kubanischem Besitz befindliche Niederlassungen befinden sich in Venezuela, Ecuador, Brasilien und Mexiko, eine Repräsentanz in China und eine Niederlassung in Kolumbien.

Das folgende Diagramm zeigt eine Momentaufnahme der Top 50 Länder, die derzeit die höchste geschätzte kumulative Übersterblichkeitsrate aufweisen. Es gruppiert die Länder nach den Einkommensgruppen der Weltbank. Die Schätzungen der Übersterblichkeit sind die mittleren Schätzungen, die aus dem Modell der Übersterblichkeit von The Economist abgeleitet werden, das Datenlücken auf der Grundlage eines maschinellen Lernalgorithmus füllt, der aus dem offiziellen Datum der Übersterblichkeit, sofern verfügbar, und über 100 anderen statistische Indikatoren lernt. Der Indikator ist wöchentlich verfügbar, und seine Werte werden in einen geglätteten Durchschnitt umgewandelt. Die Übersterblichkeitsrate drückt die Gesamtsterblichkeitsrate im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße aus. Indem wir die Übersterblichkeit mit der Bevölkerungsgröße in Beziehung setzen, erhalten wir ein Maß für die Krankheitslast.

Wenn Sie Urlaub außerhalb Europas verbringen wollen, bieten sich aus epidemiologischer Sicht Chile, Palau, Bhutan und Kuba an. In Kuba können Sie ungeimpft und ohne Test einreisen; einen Test gibt es erst bei der Ankunft. Alle positiv getesteten Reisenden müssen mindestens sieben Tage in obligatorischer Isolation bleiben; Am sechsten Tag wird ein PCR-Test durchgeführt.

Die weltweite Panik wegen Ebola 2014 hat keine angemessene Reaktion der reichen Länder hervorgebracht. Die USA und andere wohlhabende Länder haben zwar Gelder zugesagt, aber das dringlichst notwendige medizinische Personal haben fast nur Kuba und wenige Nichtregierungsorganisationen gestellt. Dieses Editorial der New York Times fordert das amerikanische Militär, das etwa 550 Soldaten in Westafrika stationiert hatte, aus Vernunft und Mitgefühl auf, jedem kranken Kubaner Zugang zum Behandlungszentrum zu gewähren, welches das Pentagon in Monrovia errichtet hatte, und diesen Kubanern auch bei der Evakuierung behilflich zu sein. Das war nämlich strikt verboten. Die Arbeit des kubanischen medizinischen Personals kam der weltweiten Anstrengung zugute und sollte auch anerkannt und wertgeschätzt werden. Aber Beamte der Obama-Regierung haben dieses Ansinnen empathielos abgelehnt. Der kubanische Gesundheitssektor ist sich der Risiken von solch gefährlichen Missionen bewusst. Ein anderes Beispiel: Kubanische Ärzte übernahmen nach dem Erdbeben in Haiti im Jahr 2010 die führende Rolle bei der Behandlung von Cholera-Patienten. Einige kehrten krank nach Hause zurück, und dann erlebte die Insel ihren ersten Cholera-Ausbruch seit bald hundert Jahren. Wieso wissen wir so wenig darüber?« R. Z.


Distance, hands, masks, be considerate!

Ihr Armin Thurnher

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