Elegie auf Erhard Busek
Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 680
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E.B. In Alpbach 2010 Foto: Wikipedia
Glühender Europäer, da hättest du wiehernd gelacht, was
kurz nur glüht, kühlt lange aus, denn Ohren hattest
du für die Wörter, und mochtest die spitzen. Kalte Knackwurst
nanntest dich selbst und den Taus gleich dazu, zwei kalte Knackwürst mit
Brillen. Erhard Busek! Der einzige Schwarze, der sich für
uns, und der uns interessierte. Ich kannte dich noch von der Schule,
Zeitschriften waren’s aus Wien, aspekte mit Namen, da las ich zum
ersten mal deinen, und Schüssels und Treibers und anderer Namen.
Christlich las sich’s und doch ein Stückchen offener als der
Seim von der Kanzel sich meistens anhörte. Bei Bundeskongressen
sprachst du zum Volk, also mir zu. Ich lauschte kritisch, dann trennten die
Wege sich; ich in Amerika, Yippie, du in der Volkspartei
Zukunft suchend. Nein, wir kannten uns nicht; erst als der
Falter erschien, da nahmen von dir wir wieder Notiz, wohl
staunend über den Schwarzen, der Paroli den Wiener
Roten zu bieten versuchte. Denn denen war grad die Reichsbrücke
eingestürzt, und die Arena ließen blind sie planieren. Mit
bunten Vögeln suchtest die Chance du zu nutzen, die der
Wiener Beton dir da bot. Das war kurios, aber von den
Wiener Politikern jener Tage schienst du uns am vifsten.
Interview gabst uns ein langes, als andre Politiker Falter-
Leute nicht einmal vorließen. Kamst in die Redaktion mit Freund
Mauthe. Und unter den Gästetassen spielten die Silber-
fische, so selten war die Kaffeezeremonie mit einem
Gast bei uns. Wie peinlich. Du lachtest und nahmst es sportlich.
Später ludest du ein mich in den Salon deiner Wohnung
hinter der Karlskirche, grüner Samt die Fauteuils, schwarz der Flügel,
polnische Dissidenten und heimische Intelligenz als
Gäste; ich war nicht oft dort, mir fehlte wohl die Gewandtheit.
„Reden Sie“, sagtest du zu mir, (wir bleiben immer per Sie) „und
nehmen Sie ihre Rolle an, Sie können’s!“ Ich war nicht
sicher, du aber durchaus. Wolltest du zu dir mich ziehen? Wohl
kaum. Du wolltest nur einen, der dich ein wenig forderte,
dir im Gespräch nicht klein beigab, einen, mit dem es zu
streiten sich lohnte. So warst du. Du mochtest Dissidenten, wo
immer, und das verband dich mit Kari Schwarzenberg, heute
Karl genannt. Mit dem bereistest du Mitteleuropa, halfst
Intellektuellen, nicht ohne Gefahr. Auch bei Schwarzenberg trafen sich
Wiener Bürger, Rauscher, Bronner. Ich erinnere mich eines
Streichs, den Kari dir spielte. Als das Palais eröffnet wurde mit
Pomp und tausend Gästen, da erst wurde dir klar, der
Festredner, das warst du! In der Ecke standest und kritzeltest
hastig etwas zusammen, es ging dann einigermaßen.
„Sprechen Sie ein paar Worte, hat er zu mir gesagt“, dieses
Murrens kann ich gut mich entsinnen. Dort wolltest du, dass ich
Marboe konfrontiere mit meiner Kritik; es machte
zugegebenermaßen Freude, dem ein paar Sachen zu
sagen, die ihm offenbar keiner sonst so servierte.
Jedenfalls reagierte fast dankbar auch er, es war eben
Sitte zu streiten mit Jungen, mit Linken, man selbst war ja fest an der
Macht. Aber paternalistisch, das warst du nie, herausfordend
immer. Heute tun sie, als wären die Krone und du ein
Herz und ein Seelchen gewesen; mitnichten. Bei Hainburg einig, das
stimmt, aber dann war’s die Krone, die attackierte dich tödlich;
Tod als Parteichef hieß das, weil du als Minister nicht nachgabst in
Sachen Messepalast. Am Ende fiel er, der Leseturm,
Dorn im Aug eines Großinserenten, hindernd des Blick aufs
Innere Wien. Darüber sprachst du ganz offen. Als erster
brachst das Tabu, das umschwieg’ne, die politische Macht der Krone, im
Bunde mit Zilk, dem Rivalen, der viele Ideen dir klaute,
Ombudsmann dort war er vor und nach der Karriere; da aber
hattest mit mir einen Punkt, in dem wir uns einig: die Krone war
nicht das Glück dieses Landes. In vielem waren naturgemäß
sehr different wir, aber wir redeten immer, in diesem
Sinne österreichisch auf gute Weise. Dunkle
Punkte? Gibt es bei jedem, dir wurde nicht zum Verhängnis
Bela Rabelbauer, von dem du die Spendentasche mit
vier Millionen erhalten; zehn sollten’s werden, in Schilling, als
Spende, und wurden wieder zurückgezahlt. Bei Besetzung von
Posten warst du knallharter Schwarzer, und Korruption sahst du
milde, vielleicht, weil du selbst nicht korrupt warst, oder weil sie
einfach zur landesüblichen Grundausstattung gehört. Der
Busek privat, den gab es wohl, doch sprach politisch er
immer. Kurz, den nanntest du ein Talent, aber auch einen
Schnösel. Öffentlich niemals, versteht sich. Die bliebst loyal, auch
wenn es dir schwerfiel, dir besserer Möglichkeit eines Schwarzen, an
Schwarzen gescheitert und schwarzer Magie. Doch solchen wie dir ist es
eigen, dass die Saat ihre Daseins unverhofft Früchte noch
trägt, wenn keiner mehr sie vermutet. So gedenke ich deiner mit
Wehmut und wünschte, es gäb mehr politische Gegner wie dich.
Distance, hands, masks, be considerate!
Ihr Armin Thurnher