Elegie auf Erhard Busek

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 680

Armin Thurnher
am 18.03.2022

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E.B. In Alpbach 2010 Foto: Wikipedia

Glühender Europäer, da hättest du wiehernd gelacht, was

kurz nur glüht, kühlt lange aus, denn Ohren hattest

du für die Wörter, und mochtest die spitzen. Kalte Knackwurst

nanntest dich selbst und den Taus gleich dazu, zwei kalte Knackwürst mit

Brillen. Erhard Busek! Der einzige Schwarze, der sich für

uns, und der uns interessierte. Ich kannte dich noch von der Schule,

Zeitschriften waren’s aus Wien, aspekte mit Namen, da las ich zum

ersten mal deinen, und Schüssels und Treibers und anderer Namen.

Christlich las sich’s und doch ein Stückchen offener als der

Seim von der Kanzel sich meistens anhörte. Bei Bundeskongressen

sprachst du zum Volk, also mir zu. Ich lauschte kritisch, dann trennten die

Wege sich; ich in Amerika, Yippie, du in der Volkspartei

Zukunft suchend. Nein, wir kannten uns nicht; erst als der

Falter erschien, da nahmen von dir wir wieder Notiz, wohl

staunend über den Schwarzen, der Paroli den Wiener

Roten zu bieten versuchte. Denn denen war grad die Reichsbrücke

eingestürzt, und die Arena ließen blind sie planieren. Mit

bunten Vögeln suchtest die Chance du zu nutzen, die der

Wiener Beton dir da bot. Das war kurios, aber von den

Wiener Politikern jener Tage schienst du uns am vifsten.

Interview gabst uns ein langes, als andre Politiker Falter-

Leute nicht einmal vorließen. Kamst in die Redaktion mit Freund

Mauthe. Und unter den Gästetassen spielten die Silber-

fische, so selten war die Kaffeezeremonie mit einem

Gast bei uns. Wie peinlich. Du lachtest und nahmst es sportlich.

Später ludest du ein mich in den Salon deiner Wohnung

hinter der Karlskirche, grüner Samt die Fauteuils, schwarz der Flügel,

polnische Dissidenten und heimische Intelligenz als

Gäste; ich war nicht oft dort, mir fehlte wohl die Gewandtheit.

„Reden Sie“, sagtest du zu mir, (wir bleiben immer per Sie) „und

nehmen Sie ihre Rolle an, Sie können’s!“ Ich war nicht

sicher, du aber durchaus. Wolltest du zu dir mich ziehen? Wohl

kaum. Du wolltest nur einen, der dich ein wenig forderte,

dir im Gespräch nicht klein beigab, einen, mit dem es zu

streiten sich lohnte. So warst du. Du mochtest Dissidenten, wo

immer, und das verband dich mit Kari Schwarzenberg, heute

Karl genannt. Mit dem bereistest du  Mitteleuropa, halfst

Intellektuellen, nicht ohne Gefahr. Auch bei Schwarzenberg trafen sich

Wiener Bürger, Rauscher, Bronner. Ich erinnere mich eines

Streichs, den Kari dir spielte. Als das Palais eröffnet wurde mit

Pomp und tausend Gästen, da erst wurde dir klar, der

Festredner, das warst du! In der Ecke standest und kritzeltest

hastig etwas zusammen, es ging dann einigermaßen.

„Sprechen Sie ein paar Worte, hat er zu mir gesagt“, dieses

Murrens kann ich gut mich entsinnen. Dort wolltest du, dass ich

Marboe konfrontiere mit meiner Kritik; es machte

zugegebenermaßen Freude, dem ein paar Sachen zu

sagen, die ihm offenbar keiner sonst so servierte.

Jedenfalls reagierte fast dankbar auch er, es war eben

Sitte zu streiten mit Jungen, mit Linken, man selbst war ja fest an der

Macht. Aber paternalistisch, das warst du nie, herausfordend

immer. Heute tun sie, als wären die Krone und du ein

Herz und ein Seelchen gewesen; mitnichten. Bei Hainburg einig, das

stimmt, aber dann war’s die Krone, die attackierte dich tödlich;

Tod als Parteichef hieß das, weil du als Minister nicht nachgabst in

Sachen Messepalast. Am Ende fiel er, der Leseturm,

Dorn im Aug eines Großinserenten, hindernd des Blick aufs

Innere Wien. Darüber sprachst du ganz offen. Als erster

brachst das Tabu, das umschwieg’ne, die politische Macht der Krone, im

Bunde mit Zilk, dem Rivalen, der viele Ideen dir klaute,

Ombudsmann dort war er vor und nach der Karriere; da aber

hattest mit mir einen Punkt, in dem wir uns einig: die Krone war

nicht das Glück dieses Landes. In vielem waren naturgemäß

sehr different wir, aber wir redeten immer, in diesem

Sinne österreichisch auf gute Weise. Dunkle

Punkte? Gibt es bei jedem, dir wurde nicht zum Verhängnis

Bela Rabelbauer, von dem du die Spendentasche mit

vier Millionen erhalten; zehn sollten’s werden, in Schilling, als

Spende, und wurden wieder zurückgezahlt. Bei Besetzung von

Posten warst du knallharter Schwarzer, und Korruption sahst du

milde, vielleicht, weil du selbst nicht korrupt warst, oder weil sie

einfach zur landesüblichen Grundausstattung gehört. Der

Busek privat, den gab es wohl, doch sprach politisch er

immer. Kurz, den nanntest du ein Talent, aber auch einen

Schnösel. Öffentlich niemals, versteht sich. Die bliebst loyal, auch

wenn es dir schwerfiel, dir besserer Möglichkeit eines Schwarzen, an

Schwarzen gescheitert und schwarzer Magie. Doch solchen wie dir ist es

eigen, dass die Saat ihre Daseins unverhofft Früchte noch

trägt, wenn keiner mehr sie vermutet. So gedenke ich deiner mit

Wehmut und wünschte, es gäb mehr politische Gegner wie dich.


Distance, hands, masks, be considerate!

Ihr Armin Thurnher

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