Elegie auf Rubina Möhring

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 668

Armin Thurnher
am 04.03.2022

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Rubina Möhring, 1950-2022 Foto Czernin Verlag

Ach, Rubina. Jetzt hat dich der Krebs doch besiegt, das sieht dir so

gar nicht ähnlich. Dein Optimismus und deine Natur, sie

schienen auf längere Dauer gerichtet. So schien es, trotz Krankheit, so

kann man sich täuschen. Täuschen ließest du dich nicht gerne,

abspeisen nicht mit dem österreichisch-politischen Weichbrei.

Ist es zwei Jahre schon her, dass wir das letzte Mal

sprachen, öffentlich, und doch bizarr? Schön war das, über

Öffentlichkeit, unser Thema, auf Zoom, nur zeichnete niemand

auf es, wir ließen es uns nicht verdrießen und wiederholten das

Ganze. So gut wurd’ es nimmer, aber es ging. So warst du,

unverdrossen, Spielverderberin nimmer, und immer

voll engagiert. Ich verdanke dir viel. In den Wendezeiten warst

du es, die auf 3sat sprechen mich ließ, unverhofft, als es

nicht sehr am Platz war, einen wie mich zu befragen. Gerade

das aber spornte dich an. Du machtest dich nicht sehr beliebt bei den

Chefs. Dass dürr ihre Nachrufe blieben, war nicht recht erstaunlich.

Du aber ließest es dich nicht verdrießen. Warst ideal als die

Chefin Reportern ohne Grenzen; sahst wach die Gefahren für

Demokratie und Recht, die da lauern in der Zerstörung von

offenem Dialog und ernsthaftem Journalismus.

Ausgezeichnet zu Recht, war dir doch keine Öffentlichkeit zu

klein und keine zu wenig wichtig. Auf Okto, dem Wiener

Fernsehkanal moderierten gemeinsam mit anderen wir eine

Sendung, viele Jahre lang. „Medienquartett“ hieß sie, Geld gab es

keines, doch saßen wir manche Stunde, bereiteten vor, solide war’n

immer deine Papiere, nichts war geschludert und nie ließest

du uns Amateure spüren den Profi, der du ja

warst. Und Mo, dein schwarzer Labi ließ sich dabei um die

Wette streicheln. Oft hab ich dich dann anmoderiert,

„Präsidentin Reporter ohne Grenzen Österreich“, so

lautet der Titel, korrekt, und bitte nicht vergessen, den

Blog im Standard. Nein, Rubina, den Blog haben wir

nicht vergessen, und nicht, was du hinterließest. Die Botschaft:

Pressefreiheit, der Pfeiler der Demokratie, öffentlich-

rechtlich mit Vorbildfunktion, und nicht zu vergessen das

Menschenrecht Meinungsfreiheit. Wo so viel Recht, da viel Sorge.

Staatsfern und unabhängig sei der öffentlich-rechtliche

Rundfunk, das zu betonen wurdest müde du nie, und

keine Kunden das Publikum, sondern Gesellschaft, auf Augen-

höhe zu informieren. Und unabhängige Aufsichts-

räte. Unbequem war das alles in der Ohren der

ORF-Chefs. Wir aber haben, wie viele Kolleginnen, es

gut im Ohr. Und deine Klagen über die Opfer, die

Toten, für Freiheit der Presse ermordet, gefoltert, gefangen.

Nichts davon woll’n wir vergessen. Und dich, Rubina, die’s öffentlich

machte, bekämpfte, beklagte, mutig, goschert, ohne

Hinsichtl-Rücksichtl – dich, Rubina, vergessen wir gar nicht.


Distance, hands, masks, be considerate!

Ihr Armin Thurnher

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