Der Kater ist wieder da und ziemlich neugierig. Fasten, die dritte.

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 636

Armin Thurnher
am 26.01.2022

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ICH: Nahst du dich wieder, schwankende Gestalt?

KATER: Ja, ich habe euch beobachtet, muss sagen, das macht mir Sorgen. Bin nur froh, dass ihr mich da rauslasst.

ICH: Fühlst du dich zurückgesetzt? Möchtest du mitfasten?

KATER: Igitt. Bin froh, dass ich bei meinem Futter bleiben kann. Das letzte Mäuschen ist eh schon eine Weile her.

ICH: Wusstest du, dass Pinguine Fastenweltmeister sind? Sechs Monate im Jahr bei minus 48° Außentemperatur?

KATER: Nein. Ich ziehe sechs Monate bei plus 24° hinter dem Ofen vor. Aber ich hätte trotzdem ein paar Fragen.

ICH: Na?

KATER: Ich lese gern die Zuschriften, und da schreibt einer, Fasten sei esoterisch, überhaupt in Kombination mit diesem Ayurveda. Wirst du jetzt zum Wirrkopf? Bist du eigentlich gegen Corona geimpft?

ICH: Kater, werde nicht frech. Du weißt genau, dass ich zweimal geimpft und geboostert bin, während du nur verbiestert bist, weil dir das Wetter draußen nicht passt und weil du der jüngeren Kater nicht mehr Herr wirst.

Auch selbstgesammeltes Johanniskraut kommt in den Tee. Sorgt angeblich für gute Laune! Foto © Irena Rosc

KATER: Ein Untergriff. Lenk nicht ab, was ist mit Esoterik?

ICH: Alle großen Religionen haben ihre Fastenzeiten, und das hat wohl einen spirituellen, aber auch einen pragmatischen, gesundheitsfördernden Hintergrund.

KATER: Was ist mit Ayurveda?

ICH: Das betrachte ich wie TCM als erfahrungsbasierte Medizin. Was dir die Wohlfühlkliniken, die unsereiner besucht, nicht sagen ist, dass die Lehre darum geht, richtig zu leben. Es ist also eher eine präventive als eine heilende Sache. Vom Ayurveda-Arzt erwartet man, dass er einem sagt, wie man richtig lebt und wann man sterben muss.

KATER: Okay, ich bin ohne Ayurveda 19 geworden. Was tun diese Ärzte denn?

ICH: Die stellen Diagnosen und verordnen Therapien. Aber wenn die Krankheit zu steil ist, Krebs oder Corona zum Beispiel, dann schicken sie dich in die allopathische Klinik. Sie lassen sich impfen und tragen Masken. Zumindest die, die ich kenne. Sie sind prima bei der Nachbehandlung von Chemotherapien, oder, wie gesagt bei der Prävention.

KATER: Haben sie dich schon einmal von etwas geheilt?

ICH: Sie haben meinen Allgemeinzustand deutlich verbessert. Ich habe in unserem Ashram Leute getroffen, denen sie nach deren Aussage das Leben gerettet haben. Besonders gut sind sie bei Hautkrankheiten. Ich hatte einmal ein Gerstenkorn am Auge und bemerkte zum Arzt, das müsse ich nach meiner Rückkehr operieren lassen. Ich kannte das von einer Freundin.

KATER: Was hat er gemacht?

ICH: Er hat gelacht und gesagt: „Operieren, wo denken sie hin!“, hat mir eine Salbe draufgestrichen, an fünf Tagen hintereinander, am sechsten war das Gerstenkorn weg.

KATER: Okay, das sind Geschichten. Ist das nicht alles Hokuspokus?

ICH: Darauf sage ich nur, westlich-wissenschaftlich gesichert ist das alles nicht. Ein Ayurvedaarzt, den wir kannten, hatte in den USA an Kliniken gearbeitet und hatte das Projekt, die Wirkungen von Ayurveda wissenschaftlich nachzuweisen. Er ist sicher nicht der einzige. Das ist so wie bei der biologischen Landwirtschaft. Sie wirkt, aber erforscht ist längst nicht alles.

KATER: Aber?

ICH: Die Wirkungen sind durch Erfahrung gewährleistet. Das Wort „evidenzbasiert“ will ich nicht strapazieren, aber es gibt genug seriöse Erfahrungsberichte über die Wirkung von Ayurveda. Ich will eh niemanden bekehren, kenne nur die Wirkung am eigenen Leib.

KATER: Mir kommt aber vor, du hast da schon einen Hang zum Esoterischen.

ICH: Absoluter Quatsch. Es gibt Dinge unter Himmel und Erde, die können sich die Aufgeklärten nicht vorstellen. Würde ich da so ein paar erzählen, drehen die Hyperrationalisten durch.

KATER: Erzähl!

ICH: In Vorarlberg gibt es zahlreiche sogenannte Männle oder Wible mit übersinnlichen Kräften. Einer konnte zum Beispiel aus der Ferne Blut stillen, was man im Landeskrankenhaus Feldkirch vor ein paar Jahrzehnten gern auch bei Notoperationen in Anspruch nahm. Wenn es einen Motorradunfall gab, riefen die Intensivmediziner gern das Schliser Männle an, und es half, so gut es konnte.

KATER: Und was folgt daraus?

ICH: Nichts. Außer dass es eben Kräfte gibt, die wir nicht erforscht oder wissenschaftlich belegt haben. Für mich ist das kein Grund, an den Erkenntnissen der Schulmedizin zu zweifeln, die Wirkung von Impfungen infrage zu stellen etcetera. Es ist eben kein Männle erstanden, welches das Virus kassiert hätte. Ich halte es für ein Zeichen von Kleinmut, Existierendes zu leugnen. Aufkläricht, wie der alte Ernst Bloch sagte. Und ich halte es für ebenso verrückt, aus unerklärten Phänomenen eine irrationale Weltanschauung zu basteln.

KATER: Hm. da muss ich drüber nachdenken. Aber Entgiftung, das hat auch jemand behauptet, ist kein wissenschaftlicher Begriff?

ICH: Ebenfalls Unsinn. Es gibt genug Leute, die Entgiftung universitär erforschen, der von uns sehr geschätzte Frank Madeo am Institut für biomolekulare Wissenschaften der Uni Graz zum Beispiel.

KATER: Du weißt auch auf alles eine Antwort. Sag mir nur zur Beruhigung: ich sehe Irena und dich schon essen, aber was esst ihr und wieviel?

ICH: Die Buchinger-Fastenkur, wie sie meine Frau mit mir praktiziert, sieht natürlich eine Diät vor. Die nehmen wir zu Mittag in Form einer klaren Gemüsesuppe, eventuell mit pürierter Karotte zu uns, und abends in Form von frisch gepresstem Fruchtsaft, mit etwas Wasser verdünnt. Oder umgekehrt. Sonst gibt’s Kräutertee und Wasser, wenn man Hunger hat.

KATER: Gutes Stichwort!

ICH: Okay, heute kriegst du Sterneküche mit Hähnchen-Geschnetzeltem an Rahmsauce.

KATER: Klingt urdeutsch, aber ich nehme es. Man gönnt sich ja sonst nichts.


Distance, hands, masks, be considerate!

Ihr Armin Thurnher

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