Des klugen Katers Klage. Und ungesundes Essen.

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 582

Armin Thurnher
am 24.11.2021

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ICH: Nahst du dich wieder, schwankende Gestalt?

KATER: Ich darf dich darauf aufmerksam machen, dass ich fit bin wie ein Turnschuh.

ICH: Ein Turnschuh, der hinterm Ofen gart.

KATER: Eben nicht. Die Tierärztin hat mich geboostert. Schau mich an.

ICH: Für achtzehn schaust du nicht einmal schlecht aus, zugegeben. Fett wirst du auch.

KATER: Die Infusion in die Nackenfalte und das Antibiotikum haben gewirkt, wie du siehst, huste ich nicht einmal mehr. Mein Appetit ist prächtig. Über dich mache ich mir aber Sorgen.

ICH: Ah ja?

KATER: Du wirst monothematisch, mein Freund. Sag mir nicht, die Leute wollen das lesen.

ICH: Du hast recht, die Leute wollen das lesen. Sie abonnieren die Seuchenkolumne, als gäbe es kein Morgen.

KATER: Für Seuchen gibt es immer ein Morgen. Das hast du dir ja ganz gut ausgedacht. Das Virus mutiert, wir haben die Kommunikationsseuche, die politische Seuche, und die Wahrheit liegt schon auf dem Bauch und wird intubiert.

ICH: Wirst du poetisch?

KATER: Nur um dich aus deinem Diskursrausch aufzuwecken. Wir hatten doch besprochen, dass wir uns nicht anstecken lassen wollen und dass wir, wenn wir in Gefahr geraten, uns zu verbeißen, das Leben in anderer Gestalt hereinlassen. Du sollst schwanken, Freund, zwischen den Themen und den Genres, und nicht eine Jammergestalt abgeben, die ihr Publikum mit dem Immergleichen füttert!

ICH: Hast recht, aber diesen Figuren kommt man kaum aus. Dieser Blümel zum Beispiel, mit seinen Gutachten über 180.000 Euro …

KATER: Fängst du schon wieder an?

ICH: Diese ganze Generation Kurz –

KATER (hält sich die Ohren zu) Ich wusste, dass du mich damit quälen würdest

ICH: – diese Generation Kurz vergiftet unser politisches Leben, indem sie unverschämt wie keine vor ihr den Anspruch stellt, öffentliche Institutionen nicht nur zu besetzen, sondern zu besitzen, also zu kapern und zu privatisieren. Und zugleich ist sie keinerlei Anforderungen der von ihnen besetzten Ämter gewachsen.

KATER: Okay, Anspruch und Anforderung passen nicht zusammen. Wie bei deiner Kolumne.

ICH: Kannst du deine Kritik etwas konkreter fassen?

KATER: Ich lasse mich von dir doch nicht in die Falle locken!

ICH: Wir müssen beobachten, wie ein Mann, der sich für immer politisch disqualifiziert hat, verzweifelt versucht, sich selbst im Spiel zu halten. Dazu sollen wir schweigen, nur weil er uns mit seiner Hartnäckigkeit ermüdet?

KATER: Du sprichst von…

ICH: Ja, ich spreche von Kurz, könnte aber genauso gut von Blümel oder Sobotka sprechen. Die hängen an ihm und fallen mit ihm, die Damen detto, die aufzuzählen ich dir hier erspare.

KATER: Du fürchtest nur die Rache der ÖVP-Frauen.

ICH: Danke, dass du mich erinnerst, diese Rechnung müssen wir begleichen.

KATER: Nicht das auch noch.

ICH: Eh nicht, aber wenn du schon meinen G’wissenswurm spielen willst, kannst du es ja notieren, für spätere Verwendung.

KATER: Ist notiert.

ICH: Wollte nur anmerken, dass der Medienbeauftragte Fleischmann wieder an der Seite des XX-Kanzlers werkt.

KATER: Ich dachte, den hätte die Privatwirtschaft dazu gewonnen.

ICH: Was soll der dort machen? Schammes beim Fellner?

KATER: Und, was macht er?

ICH: Er ist Referent im Parlament, auf deutsch, er arbeitet am Spin der Rückkehr des weißen Ritters Sebastian von der anpatzenden Unschuld.

KATER: Ich will das alles nicht mehr hören. Kochst du keine ungesunden Sachen mehr?

ICH: Doch. Gestern zum Beispiel, eine Tarte Tatin.

KATER: Interessiert mich jetzt weniger.

ICH: Was interessiert dich überhaupt? Die Boskoop-Äpfel stammen übrigens aus dem nahen Pfarrhofgarten.

KATER: Den kenn ich, dort streift dieser weiße Kater herum.

ICH: Dutzende herrliche alte Obstbäume voll der saftigsten Äpfel alter Sorten. Die Leute pflücken hier kaum mehr Äpfel, die Zwetschken fallen zu Boden, aber in der Zeitung steht, die Leute können sich kein Obst und Gemüse mehr leisten.

KATER: So ideenreich ihr seid, ihr Menschen, dazu fällt euch wenig ein.

ICH: Ja. Wir denken an Newton, aber wir heben den Apfel nicht auf. Die Tarte war übrigens köstlich.

KATER: Du hast dir ja was angetan. Übst du fürs Weihnachtsrezept im Falter?

ICH: Richtig. Außerdem habe ich den Blätterteig selbst gemacht. War nicht schwer, ich habe die einfache Variante genommen, in einer Stunde war er fertig.

KATER: Vergiss nicht die Form!

ICH: Stimmt, ohne die Original-Tarteform geht es auch, aber nicht so gut. Die hat einen sehr schweren Boden und Griffe am Rand, die das Stürzen erleichtern.

KATER: Butter, Zucker, Mehl, Obst – Brrr. A propos…

ICH: Kommt schon. Forelle und Lachs, Stückchen in Sauce, sehr schmackhaft, bittesehr.

KATER: Geht ja.


Distance, hands, masks, be considerate!

Ihr Armin Thurnher

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