Staatsoperette. Aus den letzten Tagen des Sebastian Kurz II

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 555

Armin Thurnher
am 23.10.2021

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Im Kanzleramt

KURZ: (betrachtet das rote Paket, ohne es auszupacken)

Ich weiß, es steht eh auf Youtube. Aber die Geschenk-DVD vom Fellner schau ich mir einfach immer wieder gern an. Es war ein extrem schöner gemeinsamer Moment. Unvergesslich.

Screenshot Youtube oe24TV

BONETTI (kommt aus dem Hinterzimmer) Grüß dich, wie geht’s dir, küss die Hand. Du Exzellenz, schaust wieder Video, das is recht, wir können keinen traurigen Führer brauchen. Was ich dich aber schon fragen wollte.

KURZ Wer sind denn Sie? Kenn ich Sie?

BONETTI: (irritiert) Exzellenz kennen mich nicht mehr? Ich bin Ihro Kabinettschef!

KURZ: Kleiner Scherz. Training für die Einvernahme, Bonetti. Na, bitte, frag ruhig, wir wern kan Richter brauchen.

BONETTI: Ja, also Nein. Hast übrigens glänzend geantwortet, dem Herrn Rat. 104 Seiten, dabei ganz schön frech, die Kerle.

KURZ: Dieser Linksterrorist von der WKStA ist die ganze Zeit dabeigesessen. Und am Ende wollt er sich noch einmischen, obwohl wir ganz klar …

BONETTI: Wir können da ganz klar nicht klar genug sein. Wir sind unschuldig, und wir haben den Vorsatz unschuldig zu sein, also können wir nicht schuldig sein, das muss extrem klar sein.

KURZ. Ja. Mit der linken Zecke, äh Zelle bin dann eh schön abgefahren. Du wolltest mich was fragen.

BONETTI: Ja, Sag du, ist der Fellner nicht ein bisserl eklig? Ich mein, der suhlt sich so in allem, schmierig rundum, an dem willst nicht anstreifen, oder?

Screenshot Youtube oe24TV

KURZ: Eh nicht. Aber Ekel ist keine politische Kategorie. Nein, mir graust nicht vor dem. Vor dem Sobotka graust mir, der macht einfach alles und reckt dabei noch so entschlossen das Kinn vor und lacht so satt, als wenn er eigene Ideen hätt. Mit dem Fellner ist das wie eine heimliche Beziehung, verstehst, der Kitzel, wenn man gemeinsam in einer öffentlichen Veranstaltung ist, sie schaut einen an und zwinkert einem nicht einmal zu und man macht ein Gsicht, als würde man sich gar nicht kennen…

BONTTI: Du meinst wie mit der Königin der Nacht.

KURZ Nein, die kann sich das Zwinkern einfach nicht verkneifen. Der Kitzel ist die Verstellung, wenn sich beide nichts anmerken lassen, aber wissen, in einer halben Stunde fallen wir über einander her.

BONETTI: Nicht du und der Fellner, im Ernst, oder?

KURZ: Nur bildlich gesprochen halt. Aber ich gebe ehrlich zu, die öffentliche Verstellung macht Spaß.

BINETTI: „Ich gebe ehrlich zu“, das gefällt mir, wie du das sagst.

KURZ: Leitet immer ein Dementi ein!

BONETTI: Ethisch gesehen handelt es sich um Notlügen.

KURZ: Notgeile Lügen, ja, klar. Ich meine, ich war ja noch sehr jung. Schau dir doch die Szene an, mein Lieblingsausschnitt.

FRISCHFLEISCH: (Aus dem Hinterzimmer dazustoßend) Da sieht man, dass unser Training schon was bewirkt hat.

BONETTI: Wenn ich sagen darf, Exzellenz, dero Oberkörper ist heute viel ruhiger.

FRISCHFLEISCH: Das ist schon sensationell, wie du sagst „Dann soll der Sebastian Kurz irgendwann die Volkspartei übernehmen“, und den Fellner dabei ganz ernst anschaust und noch sagst „Ihre Zeitung hat oft drüber berichtet“, als wärs das Ungewöhnlichste in der Welt und er tät nur seine journalistische Pflicht und hätt für nix nie was kassiert.

Screenshot Youtube oe24TV

 

KURZ. Und der Fellner, wie er mich da anschaut, ich hab gedacht, er fangt an zu lachen und verdirbt das Ganze.

BONETTI: Ich find, der schaut, wie ein Onkel auf dem Kinderspielplatz, der sich freut, dass sein Neffe beim Spiel so gut schwindelt.

KURZ: (den Text des Videos mitdeklamierend) „Es gab sogar Umfragen, wie würde ein Sebastian Kurz abschneiden, wenn er Spitzenkandidat wäre – also das war jahrelang ein Thema.“

FRISCHFLEISCH: „Es gab sogar Umfragen“, das ist schon geil! So viel frech! „Für die Menschen, für die Journalisten, die darüber berichtet haben, dann für mich persönlich und natürlich für mein Team und wir haben uns immer wieder Gedanken gemacht, wenn der Fall einmal eintritt, soll ich das dann machen oder nicht, bin ich bereit dazu, wie würde ich es anlegen…“

BONETTI: Dabei hat die Beinschab schon frisiert, als wär sie angstellt im „Haus der schwarzen Bürste“!

FRISCHFLEISCH: Und wenn sie singt, dann kommt sie in die Würste.

KURZ: (Kann sich gar nicht fassen, spielt die Szene noch einmal und wiederholt dazu kichernd den Text ) … sogar Umfragen … Ihre Zeitung hat oft drüber berichtet … Wie der Fellner dich anschaut, dem hängen die Preiszettel bei den Augen raus, also köstlich!

BONETTI: (derweil leise zu FRISCHFLEISCH über Kurz) Sag, wird der ein bisserl wunderlich? Was hat er mit dem Exzellenzzeug und so?

FRISCHFLEISCH: Ich glaub, es ist der Schallenberg-Effekt.

BONETTI: Vorher hab ich grad gemeint, er kennt mich nimmer, das war schon seltsam.

FRISCHFLEISCH: Glaubst, es sind Auflösungserscheinungen? (Laut, zu Kurz) Also ich muss sagen, die Gestensprache von dir damals und jetzt, überhaupt kein Vergleich. Wie du damals gefuchtelt hast, ein bisserl Segnung war zwar schon, aber alles viel zu unruhig. Heut bist die Ruhe selbst.

KURZ: Und was nutzt es mir, dass ich sechs Stunden im Parlament sitzen muss und keine Miene verziehe, während der Graf Pressekonferenzen gibt?

BONETTI: Der hält ja nur für dich die Stellung. Wer weiß, für was es gut ist. Wir machen uns schon einmal ein paar Gedanken, falls der Fall einmal eintritt.

KURZ: Wenn nur die Beinschab nicht singt! Der Fellner steht, der weiß wie das Geschäft geht!

BONETTI: Wir nehmen den Ainedter, da stehen wir wenigstens immer in der Zeitung.

FRISCHFLEISCH: Und der Hanger macht eine Pressekonferenz.

KURZ: Der Hanger und der Sobotka, mir bleibt gar nix erspart. Wenigstens ist der Haslauer noch brav. Hamma schon die russische Verschlüsselungssoftware?

BONETTI: Der Lawrow sagt, die kommt mit der Sputnik-Bestellung.

KURZ. Dann nemma halt die von der NSA.

Vorhang


Distance, hands, masks, be considerate!

Ihr Armin Thurnher

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