Holz schlichten. Ein Arbeitsbericht vor dem kommenden Winter
Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 521
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Das Landleben hat Vorzüge. Wenn die letzten Tagpfauenaugen durch die Sonnenfäden schaukeln, denke ich nicht an Politiker, nicht an Islamisten, Terroristen oder Kolumnisten. Nicht einmal an mich. Dann denke ich ans Heumachen, an die Tomatenernte, an die einzukochende Himbeermarmelade. Ich denke an das auszubessernde Dach, an Herbstgedichte und die letzte Rosenblüte. Ich frage mich, wo die Amseln geblieben sind und warum die heurige Falkengeneration zu doof ist, auf dem Turmsporn zu sitzen, wo Generationen von Falken saßen und ihren Killerblick auf das Land rundum richteten.
Vor allem aber denke ich ans Holz. Wir brauchen Holz für den Winter. Der Klimakrise zum Trotz gibt es noch Jahreszeiten, wenngleich die Weintrauben im Waldviertel mittlerweile so dick und blau wachsen, als wären wir im Süden.
Holztheater Foto: @Irena Rosc
Das Holz. Wir haben eine Quelle, einen Mann, der seinen Buchenwald pflegt und erstklassiges Holz anbietet, wahlweise in 25 oder 33 Zentimeter lange Stücke geschnitten. Er ist kein Freund langer Reden, man tauscht sich kurz über das Wetter aus. Das Hochdruckwetter beschert ihm gute Geschäfte, also bekommt man derzeit schwer einen Liefertermin. Zwölf Raummeter haben wir schon bekommen und aufgeschlichtet, sechs weitere haben wir bestellt. Sie kommen heute.
Ein Traktoranhänger ist mit sechs Raummetern gut gefüllt. Der Buchenholzästhet reversiert mit dem Anhänger auf die vorbereitete Plane zu (falls es regnen würde und man das Holz nicht an einem Tag ins Haus brächte, breiten wir Planen aus, auf die das Holz gekippt wird und mit denen man es zudecken könnte).
Der Buchenholzästhet löst die Zapfen des hinteren Bordes, hebt den Kipper und fährt mit dem Traktor langsam nach vorne weg; polternd kollert das Holz zu Boden, der Kipper ist leer, bis auf ein paar Scheite, die er, wenn der Traktor wieder steht, von Hand abwirft. Das war’s.
Sein Traktor ist mittleren Alters (so einen hätte ich gern, aber ich überlege noch), mit einem ebensolchen Anhänger, aber kein Flecken Rost ist daran, trotz Gebrauchsspuren ist alles 1a, der Buchenholzästet hält seine Sachen in Schuss. Und wie der auf engem Raum reversiert, das weiß ich zu schätzen, denn mit meinem PKW-Anhänger tue ich mir da schwerer, und der ist kleiner.
Jetzt ist der Traktor weg. Wir sind da. Und ein Riesenhaufen Holz. Der Kater hat sich beim Gepolter verzogen und schaut jetzt, was da los ist.
Ich habe alles vorbereitet, mit den Jahren habe ich gelernt, dass es beim Holzschlichten vor allem auf die Vorbereitung ankommt. Erstens muss das Holz auf ebener Unterlage aufgeschichtet werden, leicht zur Wand geneigt wie eine Natursteinmauer (ebenfalls ein Thema, das den Landmenschen beschäftigt, davon vielleicht ein andermal). Zweitens muss der Holzstoß einen Abschluss haben, denn wenn man ihn auf einer Seite an eine Mauer lehnt, endet er meist auf der anderen im Offenen. Holzstöße schließt man mit einem Stoß bloß kreuzweise aufgeschichteter Scheiter ab; die haben jedoch erst ab 50 Zentimeter Länge die nötige Stabilität, 33 Zentimeter sind zu wenig, denn wir wollen eine Holzstoßhöhe von etwa zwei Metern erreichen, sonst brauchen unsere 18 Raummeter zu viel Platz.
Ich habe zwei Möglichkeiten: entweder benutze ich eines dieser Gestelle, wie ich es einst in einem Wiener Designershop im Ausverkauf erwarb. In ihnen steht das Holz dank Eigengewicht. Ein befreundeter Schlosser in Slowenien hat uns ein paar von den Dingern nachgebaut, dort konnten wir es uns leisten. Für den Abschluss eines Stoßes bieten Sie mehr Stabilität, aber um sie abzusichern, befestige ich sie mit Spanndraht und Mauerhaken an der Wand und mit einem kleinen Blech unten auf dem Brett.
Wo es geht, düble ich einfach zwei große Winkel in die Wand und befestige ordentliche Bretter daran; ich habe sie vom Abbau der alte Brücke aufgehoben, es sind ordentliche Pfosten von 4 Zentimeter Dicke, die kommen mir als Unterlage und Stütze fürs Holz jetzt zugute, nachdem ich die vermorschten Stellen weggeschnitten habe.
Jetzt ist nur noch zu überlegen, dass bei der Aufschichterei der Zugang sowohl zu den 25 als auch zu den 33 cm Scheiten jederzeit erhalten bleibt. Außerdem sind Stahldrähte zu befestigen, an denen ich das Holz mit an Karabinern befestigten Planen schütze, wo im Winter Schnee hinweht oder starker Regen für zuviel Nässe sorgt. Der Rest ist in ein paar Stunden erledigt.
Wofür so viel Holz? Es gibt Holzöfen im Haus, und Holz ist ein nachwachsender Rohstoff. Der auch als Ofen fungierende Holzherd gibt einem außerdem ein Gefühl von Autonomie. Stromausfälle aufgrund von Stürmen kommen in dieser Gegend öfters vor, aber mit Holz kann man stets kochen und heizen.
Das Aufschichten selbst ist schweißtreibend und meditativ zugleich. Ich denke dabei an nichts. Nur an die Stabilität des Stoßes und daran, die Balance zu finden zwischen der Schnelligkeit des Schichtens und Genauigkeit des Aufeinanderlegens. Als Anfänger ist es mir schon passiert, dass ein Bauch entstand, was dazu führt, dass die ganze Sache schwankt und polternd zusammenbricht. Das solle die nächsten sechs Monate besser nicht passieren. Genau genommen sind es neun bis elf Monate, denn der Juni im Waldviertel ist gefürchtet ob seiner Schafskälte, und auch im August haben wir die Räume mit Holzöfen schon einmal zumindest temperiert.
Wir tun also was für unsere Wärme, die tägliche Arbeitszeit ist dabei noch nicht gezählt, das Holz wird ja noch in Körben herumgetragen, das Anheizen selbst will gekonnt sein, und fürs Anheizen kaufen wir die Sprießeln nicht im Supermarkt, sondern machen sie aus Weichholz selber.
Am Ende der Saison entferne ich alle Vorrichtungen für das Aufschlichten (bis auf die Mauerösen), das Holztheater schließt für den Sommer, als wäre nichts gewesen. Es ist die Stunde des Kaminkehrers, der Kater räkelt sich, nur noch leise hustend, und die Schwalben, die jetzt nach Süden aufgebrochen sind, fliegen ihm hoffentlich wieder um die Ohren. Wo wohl die Amseln blieben?
Distance, hands, masks, be considerate!
Ihr Armin Thurnher