Österreich schickt Katzen auf griechische Inseln! Gespräch mit dem klugen Kater

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 315

Armin Thurnher
am 25.01.2021

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Kater: Du schaust nicht besonders glücklich aus, wenn ich das bemerken darf.

Ich: Bist kein schlechter Beobachter.

Kater: Ist mein Job, ich muss dich ja zart lenken, damit ich zu meinem Futter komme.

Ich: Schön, dass du das so direkt sagst.

Kater: Indirekt würde es nicht besser machen. Aber sag, was ist der Grund für dein Ungemach? Der Innenminister? Der Bundeskanzler? Verzeih, wenn ich dich für berechenbar halte. Mir scheint außerdem, du bist in den letzten Tagen ein wenig auffällig in die Lyrik ausgebüchst.

Ich: Da möchte ich dir nicht widersprechen. Aber ich war nicht der einzige. Außerdem, je verrückter die Welt, desto mehr suche ich nach sprachlich möglichst wenig kompromittierten Ausdrucksformen.

Kater: Ich würde jetzt von einer ästhetischen Debatte abraten. Das hat dir, gib’s zu, ja Spaß gemacht. Dein Gesichtsausdruck muss andere Gründe haben.

Ich: Hat er auch. Ich sage dir einen einfachen. Um diese Zeit war ich in den vergangenen Jahren nicht im Land.

Kater: Ich erinnere mich, da fütterte mich der nette Nachbar. War in Anbetracht der Kälte eher ungemütlich, muss ich sagen. Flucht vor dem Winter?

Ich: Nein, ich mag den Winter. Wir fahren im Jänner immer nach Indien, in den südlichen Bundesstaat Kerala auf eine Ayurveda-Kur. Das ging heuer nicht. Ich muss zugeben, wenn ich an meine Freunde dort denke, wird mir das Herz schwerer, als wegen der entgangenen Palmen und der barfüßigen Spazierengänge am abendlichen Meer.

Kater: Wie ist Kerala durch die Pandemie gekommen?

Ich: Sie hatten weniger Tote als Österreich, 3322 bei 45 Millionen Einwohnern. Und jetzt wird in Indien trotz teils katastrophalem Missmanagement der Modi-Regierung geimpft, was das Zeug hält, mit eigens entwickelten Impfstoffen. Trotzdem haben wir uns heuer nicht getraut, die Reise zu machen.

Kater: Was geht dir am meisten ab?

Ich: Weiß ich noch nicht. Vermutlich in the long run der Reinigungseffekt, der trägt einen ganz schön durchs Jahr.

Kater: In the long run we are all dead, wie du weißt. Ich nehme an, die Zustände in Österreich trösten dich nicht gerade über die entgangene Reise. Was ich von diesem Innenminister Nehammer so höre, alarmiert sogar mich.

Ich: Wie meinen? Den Skandal mit dem Ibiza-Video? Den Affenzirkus um das BVT? Die Unfähigkeit, mit Neonazis fertigzuwerden? Die Hilflosigkeit bei Demos?

Kater: Ja, auch. Aber am schlimmsten kommt es mir vor, wenn ich höre, wie sich diese türkisen Prachtkerle damit brüsten, Tonnen von Hilfsgütern auf die griechischen Inseln zu schaffen und glauben, sich damit von ihrer Menschenpflicht loskaufen zu können …

Ich: Ja das glauben sie. Taub gegenüber jedem Appell, weil sie aus Umfragen die Gewissheit saugen, dass es der Mehrheit so gefällt.

Kater: Dieses prinzipienlose Mehrheitsschmusen ist ja wirklich das genaue Gegenteil von allem, was als gute Führung eines Staates gilt. Über eines bin ich doch froh.

Ich: Worüber kannst du da froh sein?

Kater: Dass sie noch nicht auf die Idee gekommen sind, österreichische Katzen auf griechische Inseln zu exportieren, um die dortigen Ratten zu jagen. Die griechischen Katzen sind offenbar nicht imstande, Kinder vor Rattenbissen zu schützen. Das würden wir Austrokater nicht auf uns sitzen lassen. Die Katzen auch nicht.

Ich: Kater, bring den Nehammer nicht auf Ideen! Die fangen gleich an, Katzenfotos zu posten. Die Message-Control würde ausrasten vor Begeisterung.

Kater: Ich meine es eh nicht ernst. Aber mir scheint, die österreichische Politik ist im Stadium des ultimativen Unernsts angekommen.

Ich: Stimmt, trotzdem gelingt es mir nicht, darüber zu lachen.

Kater. Du siehst nicht aus, als fiele dir das Mürrische besonders schwer.

Ich: Danke für deine Aufmunterung.

Kater: Was ist mit dem Impfchaos? Das hat die EU verursacht, richtig?

Ich: Leider ist Österreich zufällig Teil der EU und hat naturgemäß an dieser Bestellung mitgewirkt. Die sind nie, wirklich nie fähig, Fehler zuzugeben. Auch wenn man vor lauter Fehlern nicht einmal mehr eine Pressekonferenz sieht.

Kater: Der Kanzler will persönlich die Zulassung des Astra-Zeneca-Impfstoffs beschleunigen.

Ich: Ja, und dann wird er den Ärzten zeigen, wie man richtig und schnell impft.

Kater: Immerhin bezieht er neuerdings die Opposition in die öffentliche Darstellung seiner überragenden managementmäßigen und epidemiologischen Fähigkeiten mit ein.

Ich: Alarmstufe rot! Er merkt, dass er mit dem Corona-Schlamassel zu Recht übrig bleibt, und die braven Sozialdemokraten lassen sich da mit hineinziehen.

Kater: Worum geht es da eigentlich? Um Menschenleben? Um die Gesundheit von Zehntausenden? Oder um eine Art lustiges Machtpunktspiel?

Ich: Hören wir auf. Es ist zu deprimierend. Ich mache mir jetzt einen Kaffee. Du kriegst Pute.

Kater: Schau, dass du sechs Dosen aus der Konserve ziehst!

Ich: Kein Problem, den Rest werfe ich weg. Wir haben ja genug davon!


Distance, hands, masks, be considerate!

Ihr Armin Thurnher

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