Katers Medienfragen III: Wer oder was ist das Böse im Falter? Darf Journalismus gut sein und helfen?

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 301

Armin Thurnher
am 11.01.2021

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Ich: Heute wird endlich der Kliffhänger abgehängt.

Kater: Sehr gut. Kommt endlich der Kollege Klenk dran. Obwohl es zu Trump und vor allem zu den Social Media noch viel zu sagen gäbe.

Ich: Es gibt ja Zusammenhänge. Florian hätte mir längst erklärt, dass Social Media fast überall dort ein Segen sind, wo es keine Demokratie gibt, aber auch dort, wo übermächtige (Medien-)Regimes den Einzelnen keine Stimme geben.

Kater: Aber hier darf er nicht mitreden. Hier rede ich.

Ich: Kater, dein Ego beginnt mir Sorgen zu machen. Das gehört einmal untersucht, Veränderungen am Ego durch übermäßigen Gebrauch von Kurznachrichtendiensten.

Kater: Möchtest du damit vielleicht bei dir selbst anfangen? Lenke nicht ab! Es geht um diese in News erschienene Kolumne.

Aus News 1/2021

Ich: Du hast recht.

Kater: Vielleicht solltest du erklären, worum es geht.

Ich: Ja, der gute Peter Plaikner hebt den Zeigefinger gegen Klenk.

Kater: Warum „der gute Peter Plaikner“?

Ich: Weil dieser Kommentator sich schon oft dem Falter gegenüber sympathisierend kritisch geäußert hat. Und weil er mich lobend hervorhebt.

Kater: Das verpasst dir gleich eine Beißhemmung. Neeein! Nicht vorlesen auch noch!

Ich: Doch. Der Falter, eine Wochenzeitung, die „die durch Leitartikel ihres Herausgebers Armin Thurnher über Wien hinaus bekannt wurde…“

Kater (hält sich die Ohren zu): Wenn ich etwas bemerken darf, war der Falter immer eine Leistung von vielen. Ihr Monster-Egos lasst das immer unter den Tisch fallen.

Ich: Man ist halt auch nur ein Mensch.

Kater. Wem sagst du das! Aber dem Plaikner geht es um die Satire aus Best of Böse. Wer schreibt denn dieses Best of Böse überhaupt?

Ich: Das weiß niemand.

Kater: Warum verteidigt es dann der Klenk?

Ich: Das weiß niemand. Nein, natürlich ist er als Chefredakteur für alles Böse verantwortlich, was im Falter steht. Das Gute rechnet ihm ja niemand an.

Kater: Also gut, schauen wir uns das einmal an.

Ich: Fang nicht an zu reden wie Natascha Strobl, das Original genügt und hat die Rechte daran.

Kater: Die Linke hat die Rechte? Okay, sag endlich, worum es geht.

Okay, sag endlich, worum es geht!

Ich: Die schöne ORF-Moderatorin Nadja Bernhard kam in Best of Böse vor, weil sie in der Gratiszeitung Heute bekanntgegeben hatte, sie  brauche ihre Brille nicht, sondern verwende sie nur ab und zu als modisches Accessoire. Das fand BoB neckisch.

Kater: Was ist daran böse?

Ich: Nichts. Jetzt sagt sie, sie braucht sie doch, hat eineinhalb Dioptrien! BoB ist eine Satire, die nicht nur blödelt, sondern Kraft daraus schöpft, dass Sie das trivial Böse, wie Herrn Sobotka, mit dem schönen Nicht-so-Bösen auf unnachahmlich Art so zusammenbringt, dass sich die österreichische Gesellschaft gerade deswegen wiedererkennt, weil sie in Bausch und Bogen ungerecht behandelt wird. Niemand ist vor dieser Liste sicher, deswegen lieben und fürchten sie alle.

Kater: Wäre ich keine Katze, würde ich jetzt glatt Wow! sagen. Und der Plaikner, was hat der?

Ich: Abgesehen von der fragwürdigen Personalisierung des Falter-Erfolgs (an dem Florian Klenk zweifellos sehr großen, aber nicht alleinigen Anteil hat) geht Plaikner davon aus, dass Klenk der Satiriker von BoB sei.

Kater: Ist er nicht?

Ich: Dazu sage ich nichts, denn das bleibt absichtsvoll im Dunkeln. Man kann dem Chefredakteur die Verantwortlichkeit nicht aberkennen, aber die Konstruktion von BoB sollte man vielleicht zur Kenntnis nehmen.

Kater: Naja, man muss es nicht wissen, aber man könnte fragen.

Ich: Man könnte. Dann aber wird Plaikner privat. Nadja Bernhard sei die Gefährtin des Profil-Herausgebers Christian Rainer gewesen (was zutrifft), und Klenk begleiche nun via Best of Böse eine Rechnung mit diesem (ein Hirngespinst).

Kater: Das ist ja geradezu katerhaftes Denken.

Ich: Es handle sich um das Duell zweier Alphatiere, Klenk und Rainer, die ein Stellvertreter-Duell ihrer Medien mit Hilfe ihrer „Bekanntheits-Turbos“ ausfechten würden. Klenk als Twitter-Tiger, Rainer als Seitenblicke-Salonlöwe. Beiden gehe es nur um ihr Ego, um ihre Bekanntheit.

Kater: Zeig her. „Klenk agiert als Grenzgänger zwischen Journalismus und Aktivismus. Soeben hat er im Verein mit Andreas Gabalier einem Bergbauern den Hof gerettet. Der Zweck heiligt ihm Mittel von überraschenden Allianzen bis zur überbordenden Selbstdarstellung.“

Ich: Was fällt dir da auf?

Kater: Hat der Klenk einen Verein mit dem Gabalier?

Ich: Nicht dass ich wüsste. Er hat ihn gebeten, an der Aktion teilzunehmen und in diesem Fall die Differenzen mit dem Falter hintanzustellen.

Kater: Ich muss schon sagen, „der Zweck heiligt die Mittel“ scheint mir im Fall der Rettung des Bergbauern Bachler doch etwas unangebracht…

Ich: Unangebracht? Es ist lächerlich, Kater. Wenn es einen legitimen Grenzgang im Journalismus gibt, dann den, Betroffenen zu helfen, wenn man kann. Das ist doch etwas ganz anderes als Seitenblicke-Exhibitionismus.

Kater: Muss Journalismus nicht immer neutral bleiben?

Ich: Nicht, wenn die Humanität anderes fordert. Die Menschenrechte entsprangen einer journalistischen Kampagne, und das Bessere am österreichischen Journalismus sind seine Hilfsaktionen.

Kater: Der Herr Plaikner hat also ein bisschen danebengehauen?

Ich: Ein bisschen fest. Über den Satz „Die Verwechslung mit Satire und Aktivismus war noch nie gut für den Journalismus“ könnte ich eine Vorlesungsreihe halten, von Karl Kraus, dem größten Satiriker, bis zu Karl Kraus, der den Erlös seiner Vorlesungen Bedürftigen spendete (etwa den Polizeiopfern vom Justizpalastbrand).

Kater: Du bist ja richtig empört! Und was ist mit der gekränkten Nadja Bernhard?

Ich: Soll ich jetzt sagen, ich entschuldige mich meinetwegen?

Kater: Stur auch noch.

Ich: Nein. Ich bin nur der Meinung, Medienpersonen sollten sich dafür, dass ihnen die Sonne der Aufmerksamkeit im Übermaß auf den Pelz brennt, ein gewisses Maß an selbstkritischer Distanz und Toleranz für Ironie abringen.

Kater: Das mit dem Pelz verstehe ich. Du meinst, im Rahmen des Mediengesetzes zurückkratzen, aber nicht gekränkt herummaunzen?

Ich: Dafür lasse ich glatt eine Pastete springen.

Kater: Heute Wild, bitte!


Distance, hands, masks, be considerate!

Ihr Armin Thurnher

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