Katers Medienfragen. Heute: der Kurier und das Inserat. Plus ein kolossaler Kliffhänger.

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 299

Armin Thurnher
am 09.01.2021

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Kater: Habediemedienfrage.

Ich: Du schon wieder?

Kater: Tut mir leid, ich wollte nicht öfter vorkommen als der Epidemiologe, aber da habe ich noch etwas aufzuholen.

Ich: Lass die mauen Scherze. Was willst du?

Kater. Etwas mehr Biegsamkeit, wenn ich bitten darf! Ich will nur etwas für mein Verständnis tun.

Ich: Also.

Kater: Zuerst einmal: Was heißt „Aufregung in den sozialen Medien?“

Ich: Klenk und Wolf haben etwas gepostet.

Kater. Denen bist du doch nur die Follower neidig! Und was heißt „Wirbel um…“? Das liest man so gern in hochbrauigen Medien wie der „Presse“.

Ich: Das würde ich übersetzen mit: Es ist uns etwas peinlich, dass auch wir darüber berichten, aber hier ist es. Wie der Dichter H. C. Artmann sagte: „Erlaubent, Schas, sehr heiß bitte…!“

„Heißt das, es gibt zwei Arten Meinungsfreiheit?“

Kater: Was bist du denn so missmutig?

Ich: Erst störst du mich und dann rückst du nicht raus mit deiner Medienfrage. Also!

Kater: Diese Anzeige im Kurier gestern, von den Corona-Verschwörungstheoretikern, die behaupteten, Maskentragen schade der Gesundheit, warum haben sie die abgedruckt?

Ich: Weil sie auf das Geld aus der Anzeige scharf waren.

Kater: Der Falter druckt doch auch allerhand Anzeigen.

Ich: Fast alles, was er kriegen kann…

Kater: Nur fast?

Ich: Zum Beispiel nichts Sexistisches oder Rechtsextremes, auch nichts Linksextremes, nichts Verfassungwidriges.

Kater: Ich habe gehört, du und der Geschäftsführer …

Ich: … Siegmar Schlager genannt …

Kater: … gut, also ich habe gehört, du und Siegmar Schlager hattet unterschiedliche Ansichten bezüglich eines FPÖ-Inserats.

Ich: Das blieb leider theoretisch, weil die rechten Dumpfköpfe ihre Chance nicht nutzten, in der schärfsten Wochenzeitung der Republik zu inserieren.

Kater: Und wie wäre es ausgegangen?

Ich: Schlager hätte sich durchgesetzt, das Inserat wäre nicht erschienen. Inserate liegen im Bereich der Geschäftsführung, da redet die Redaktion nicht mit.

Kater: Du hast aber gerade gesagt, ihr hättet darüber gestritten.

Ich: Ok, sie redet mit, aber sie entscheidet es nicht. In redaktionellen Dingen ist es gerade umgekehrt.

Kater: Heißt das, es gibt zwei Arten Meinungsfreiheit? Die Frau Salomon, Chefredactrice des Kurier, sagt ja, es sei eine Frage der Meinungsfreiheit gewesen, das Inserat erscheinen zu lassen.

Ich: Unsinn, das war es eben nicht. Der Platz, den eine Zeitung anderen verkauft, damit diese sich dort – meist für ein Geschäft werbend – äußern, ist ein Geschäftsfeld, das zuerst dem Wirtschaftsrecht unterliegt. Das heißt nicht, dass dort nicht auch andere Rechte verletzt werden können. Aber das Recht der Meinungsfreiheit, zu sagen und zu drucken, was man will, ist darauf nicht anzuwenden.

Kater: Aha. Wenn der Schlager also ein Inserat nicht annimmt, dann verletzt er keine bürgerliche Freiheit?

Ich: Genausowenig, wie wenn dir jemand ein Auto nicht verkauft. Er kann und soll natürlich überlegen, ob er so ein Geschäft macht, also ob das Erscheinen des Inserats zum Beispiel dem Ansehen des Mediums schadet, in dem es erscheint, weil es dessen Grundsätze verletzt. Das hat die Geschäftsführung des Kurier offenbar nicht verstanden. Die hat ihr eigenes Geschäft beschädigt, soweit das bei denen nicht eh schon wurscht ist. Aber Meinungsfreiheit ist eine ganz andere Baustelle.

Kater: Wie ist das mit der Selbstkontrolle?

Ich: Da sieht man den Unterschied noch einmal: Für Fragen der Meinungsfreiheit geht man zum Presserat, für Werbefragen zum Werberat.

Kater: Die Argumentation von Frau Salomon ist also…

Ich: …nur vorgeschoben. Wie man es macht, zeigte die Gratiszeitung Heute. Die redeten intern darüber und lehnten das Inserat ab. So einfach geht das.

Kater: Und wo Meinungsfreiheit angewendet wird, in der Redaktion, gibt es dort ein Recht, dass alles erscheint?

Ich: Ebensowenig. Der Chefredakteur…

Kater: Florian Klenk heißt der!

Ich: Da schau, wie du dich auskennst…

Kater: Der darf ablehnen, was er will, und verletzt noch immer nicht die Meinungsfreiheit?

Ich: Genau! Erst wenn jemand keine Möglichkeit hat, irgendwo seine Meinung öffentlich kundzutun – etwa in Flugblättern, Demos, öffentlichen Reden – erst dann ist die Meinungsfreiheit verletzt. Aber wenn wir den zeitgenössischen Medienmarkt in der Massengesellschaft bedenken, wird das Thema doch um einiges komplizierter, aber da reden wir ein andermal drüber.

Kater: A propos Klenk. Da gab’s doch noch etwas. Habe ich nicht in der Illustrierten News einen merkwürdigen Kommentar gelesen? Es ging um eine Brille, um Spenden und um Satire …

Ich: Kater, weißt du was, ich muss mich jetzt dringend um die Lyrikecke kümmern und mein Mittagsgedicht aussuchen. Wir reden morgen über den Fall Klenk, ok?

Kater: Das ist aber ein kolossaler Kliffhänger!

Ich: Kann ich dir mit etwas Pastete vom Wild die Wartezeit verkürzen? – Dachte ich mir.


Distance, hands, masks, be considerate!

Ihr Armin Thurnher

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