Kritik der Käsemakkaroni. Im Dialog mit Kater Hannibal

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 244

Armin Thurnher
am 16.11.2020

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Vor langer Zeit habe ich diese Kolumne versprochen, als ich einmal besonders aufdringliches TV-Corona-Polit-Gelaber ignorieren wollte. Misslang natürlich. Hier wird sie nun endlich nachgeholt. Weil schon wieder so viel gelabert wird. Vielleicht kann ja jemand das Käsemakkaroni-Rezept im Lockdown brauchen.

Käsemakkaroni sind das typische Junggesellenessen, finde ich. Der Kater hat nichts dagegen, auch er ist Junggeselle, außerdem kastriert. Zu fett, sage ich, kann ich nur machen, wenn die Frau außer Haus ist.

Mach nur, sagt der Kater, ich mag Fett. Nein. „Ich mag es“ ist unpräzise. Fett macht Dinge für mich essbar, die du mir nicht zutraust. Zum Beispiel Chinakohl aus der Wok-Pfanne. Mit Öl wird er genießbar. Manchmal schlecke ich ihn nur ab, wenn das Stückchen zu groß ist. Wenn’s klein ist, fresse ich es glatt.

Könnte ich dich auf Vegetarier umstellen?

Das kannst du mit einem Hund machen. Mit mir nicht.

Stimmt, als es noch den Denn’s bei uns an der Ecke gab, sah ich vegane Hundenahrung in allen Formen, in Dosen, in Brekkieform, was weiß ich. Ich habe sie unserem Hund nicht zugemutet. Die getrockneten Truthahnhälse von Yarrah schmeckten ihm aber prima.

Von dort hast du mir nie sowas mitgebracht, murrt der Kater. Für mich wär dir das zu teuer. Denn’s! Bio! Ha!

Wir zwei haben uns doch auf Shah geeinigt, vom Hofer. Glaube nicht, dass ich nichts tue für dich. Ich stehe vor dieser Hofer-Palette und sortiere aus: Leckere Pastete frisst du nicht, alles muss Pute sein, du stellst mir die Pute ins Fenster, feine Sauce mit Stückchen. Unter scharfer Beobachtung anderer Katzenernährer sortiere ich im Hofer das Angebot, kein Wild, kein Fisch, keine Pastete. Wunder des Marktes: andere Kater oder Katzen mögen offenbar keine feine Sauce mit Putenstückchen, die fressen nur Fisch.

Mir egal, sagt Hannibal. Ich bestehe auf Sauce.

[Kürzlich war ich mit ihm bei der Tierärztin. Wir warteten damit auf die kalte Jahreszeit, aber ein paar Eiterzähne mussten heraus. Für einen 16jährigen Kerl eine Belastung. Im Sommer wäre er fast daran eingegangen. Wird die Operation gutgehen? Ich wurde an einem Oktober-Freitag in die Praxis bestellt, es war Metzeltag. Vier Katzentiere schlummerten in Drahtkäfigen unter Infrarotlampen, starr in ihrer Narkose. Ein fünftes wurde gerade von der Assistentin vom Operationstisch gebunden, es sah ein wenig aus wie ein mittelalterliches Streckbett. Ich fuhr nach Hause und bangte, aber nach kurzer Zeit kam der Anruf: Er hebt schon das Köpfchen.

Geben sie ihm zuerst etwas warmes Wasser, sagte die Ärztin.

Naja, dachte ich, Wasser hat der noch nie gemocht. Es muss schon Schlagobers sein.

Das warme Wasser ignorierte er nicht einmal… Er stellte sich vor die Schüssel und schnurrte gebieterisch.

Ich rief die Ärztin an.

Was soll ich machen? Sieht aus, als wollte er fressen.

Dann geben Sie ihm Futter, lachte die Ärztin, der ist ja seit dem Morgen nüchtern.

Ich gab ihm Stückchen in feiner Sauce, er würgte sie hinunter, schnurrend, offene Wunde im Maul hin oder her.]

Schön, dass du so sentimental bist, sagt der Kater. Ich hab das schon vergessen. Wollten wir nicht über Käsemakkaroni reden? Eine Kritik der Käsemakkaroni hast du angetragen, bissi goschert, wie immer, was?

Ja, eh.

Was wolltest du damit sagen?

Ich wollte andeuten, dass ich mit denen immer ein Problem hatte und mich jetzt langsam der Lösung nähere.

Wo ist dein Problem?

Ich dachte immer, ich müsste mit Eischnee operieren, um einen schönen Nudelauflauf hinzukriegen, oder mit Bechamel. Aber das ist ein Irrtum.

Aha. Was hast du denn sonst probiert?

Alles Mögliche. Es fing an mit einem Hausrezept von Bocuse, aus dessen Brutalkochbuch, Bocuse in ihrer Küche oder so, kürzlich neu aufgelegt unter dem Titel „Bocuse für jeden Tag“. Dort kocht er Makkaroni in Wasser, dann mit Gruyère bestreut in mit Crème Fraîche gemischter Milch, das hat bei mir nie geklappt.

Weil du Bergkäse nimmst statt Gruyère, grinst der Kater.

Ach was, sage ich. Irgendwas haut da nicht hin. Ich glaube, in der Neuauflage hat er die Milchmenge erhöht, vielleicht lag es daran. Ich werde es noch einmal probieren.

Wie ich dich kenne, hast du auch bei Alexandre Dumas nachgesehen.

Ja, der hat sogar eine Methode, Makkaroni herzustellen. Auf Hausfrauenart gehen Sie bei ihm so: ein halbes Kilo gekochte Makkaroni mit je 120 g geriebenem Gruyère und Parmesan und ein paar Kaffeelöffel Schlagobers in eine Kasserolle geben und schwenken. „Wenn die Makkaroni gut rutschen, richtet man sie an und serviert.“

Klingt gut.

Ja, nicht übel, und für gratinierte Makkaroni nimmt er die beschriebene Masse, bestreut sie mit Bröseln und Käse und überbäckt sie im Ofen.

Was willst du denn noch?

Ich will Schmelz. Kürzlich bin ich draufgekommen, wie das geht.

Geh weg.

Ja, der Haupttrick besteht im Mozzarella. Im Prinzip geht es wie bei Dumas, nur nimmt man nicht Gruyère und Parmesan, sondern Frischkäse und Cheddar. Die Nudeln nicht ganz kochen, zuerst etwas zerdrückten Knoblauch und gehackten, frischen Thymian in Butter schwenken, erst die Nudeln und dann den Käse dazu. Schlagobers brauchen wir nicht. Dann tut man das Ganze in eine gebutterte Kasserolle, würzt mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss und belegt es mit zwei Stück in dünne Scheiben geschnittenem Büffelmozzarella, bestreut es mit Parmesan und überbäckt es bei ca. 200 Grad, bis es goldbraun ist. Dazu Blattsalat.

Ich hole die feuerfeste Form aus dem Ofen. Riecht gut.

Gib mir ein Stück, schnurrt der Kater. Nicht zu groß, nicht zu heiß, bitte. Den Salat kannst behalten.

Weiterhin: keep distance, wash hands, wear masks, stay human!

Ihr Armin Thurnher

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