Eine triumphale Sauerei der Krone

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 103

Armin Thurnher
am 27.06.2020

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Egal, ob er jung und sympathisch aussieht oder alt und verkniffen, ob kurzhaarig im T-Shirt oder eher grausträhnig in Grinzinger-Uniform, mit Loden und Dackel – es ist ein Typus. Der Krone-Journalist. Er ist aus dem Schleim der Krone geformt, wo man nicht dem eigenen Willen folgt, sondern der Blattlinie gehorcht (ja, nicht alle, die dort schreiben, sind so. Stimmt. Fragt man sie, ist es niemand).

Die Blattlinie lautet in Bezug auf den Falter: Totschweigen. Wenn das nicht mehr geht, diffamieren.

Das Blatt tut so, als vertrete es charakterstark die Anständigen und Sauberen im Land. In Wahrheit vertritt es die Interessen seiner Herausgeber. Die mögen es nicht, wenn man ihr Diktat über Österreich nicht hinnimmt. Außer Respekt für diesen Grundsatz bedarf das Blatt der Anständigen keiner Grundsätze. Mit Radikalopportunismus regiert sich’s besser. Gestern fraß man dem Kanzler Faymann, heute dem Kanzler Kurz aus der Hand. Heinz Christian Strache, der Mann, der auf Ibiza erklärte, Zackzackzack die Krone verkaufen und umzubesetzen, wurde in Jahresfrist von der Unperson zum Family-Softporn-Covermodel.

Auf Kritik reagieren die Eigentümer der Krone nicht mit Argumenten. Sie reagieren mit Macht: mit juristischen Maßnahmen, mit Untergriffen, mit Diffamierung, wie es auf neustilistisch heißt, mit „Anpatzen“.

Einst versuchte die Krone, den Falter mit einem Prozess umzubringen. Als ich den alten Dichand aufforderte, statt dessen doch die Auseinandersetzung publizistisch zu führen und nicht das Wettbewerbsrecht vorzuschieben – die Krone stieß sich vorgeblich an einem Inserat des Falter, in Wahrheit am letzten Satz meiner Kommentare, die Mediaprint müsse zerschlagen werden –, antwortet er, es wäre „ein zu großes Geschenk, mit dem Falter zu polemisieren“. Sprich, ihm eine größere Öffentlichkeit zu verschaffen.

Dieses Gesetz wurde nie gebrochen. Der Falter begann aber doch, in der Krone vorzukommen. Als Objekt von Schmähung und Diffamierung. Die Palette reicht von Leserbriefen (wo man mich eine „fäkale Hyäne“ nannte) bis zu Kolumnen von Michael Jeannée, dem ekelhaftesten Schleimrevolver, seit es Schmähredner gibt.

Eine seiner Schmähungen rückte Florian Klenk in die Nähe eines sexuellen Belästigers. Das ließ sich Klenk nicht gefallen und klagte. In einer Verhandlung am 19.6. erwies sich Klaus Hermann, der Chefredakteur der Kronen Zeitung, als Gigant an Mut, Erinnerungsstärke und und Mitarbeiterloyalität. Befragt zur geklagten Kolumne sagte er laut Verhandlungsprotokoll: „Ich war auf jeden Fall teilweise anwesend und ich kann mich erinnern, dass Herr Jeannée am Morgen dieses Tages Rücksprache mit mir gehalten hat, über wen er schreiben möchte oder über was er schreiben möchte. (…) Es war zwischen Tür und Angel. Aus meiner Erinnerung heraus kann ich mich nicht erinnern, dass ich die Kolumne gesehen hätte, bevor sie veröffentlicht wurde.“

Das sind Chefredakteure, die nicht lesen, was sie veröffentlichen und so virtuos vergessen wie nur Waldheim und Blümel. Wenn wir es denn glauben. Klenk glaubt es nicht, er weigerte sich, mit Hermann in einer TV-Diskussion aufzutreten.

Das ist der Hintergrund eines schleimigen Schmier-Artikels, der gestern in der Krone erschien. Der junge Autor Michael Pommer schrieb: „Ausgerechnet der ,Falter‘. Ein Magazin, das aus der Bequemlichkeit ihrer links-linken Komfortzone heraus jeden abwatscht, der sich nicht in dieser scheinheiligen Welt beheimatet fühlt. Was ist den Moralaposteln passiert? Im Blatt erschien ein Hitler-Inserat, das den Mörder von Millionen Juden als ,triumphal‘ beschreibt.“

Kronen Zeitung, 25.6.2020

Der Mann kann Schmieren. Lesen kann er weniger gut. Aus seiner Sprach- und Leseschwäche macht er den plumpen Vorwurf, der Falter bringe ein Nazi-Inserat. Das Inserat beschreibt natürlich nicht Hitler als triumphal, sondern dessen Rückkehr nach Wien. Das ist die historische Wahrheit. Pommer versucht, sie zur Lüge zu verdrehen, um einen Gegner damit besudeln zu können.

Da hilft auch der milieuübliche rechte Moralvorwurf nichts und schon gar nicht der kindische Versuch, mittels Bildmontage Hitler groß, das durchaus unverdächtige Inserat klein zu machen und Klenk in einen Täterzusammenhang damit zu rücken.

Ja, Klenk hatte in einem ersten Impuls sich vom Tweet einer betroffenen Historikerin ausbluffen lassen und gemeint, hier sei dem Falter etwas unterlaufen. Ist es aber nicht.

Klenk löschte seine erste Antwort auf Twitter und erklärte der Historikerin, worum es geht.

Bei Pommer klingt das so: „Florian Klenk – verhaltensorigineller und zumeist wehleidiger Falter-Chefredakteur, der auf Twitter regelmäßig um Leser bettelt – hat den Fehler sogar eingesehen.“ Werbung um Abonnenten ist Bettelei, Kritik an der Krone verhaltensoriginell, und versucht man, sich per Klage abzuwischen, wenn einen die Krone mit Ekelschleim besudelt hat, ist man wehleidig.

Dankenswerterweise erklärt uns Pommer, Hitler sei „Diktator, Irrer, Mörder“ gewesen. Die Krone, die zum Geburtstag des irren Mörders gern lustige Gedichte brachte, die Krone, die vor Verständnis für die Kriegsgeneration nur so strotzte und die von Hitler ermordeten und verfolgten Juden verhöhnte; die Krone, die einen Herzensfaschisten und Diktatorenversteher als Schleimrevolver beschäftigt, diese Krone stellt sich nun als Zentralorgan des Antifaschismus dar und den Falter als Journal von Nazipropaganda.

Dazu muss man begabt sein.

Herr Pommer ist begabt. Seinen triumphalen Dreh krönt er durch eine Paraphrase einer der skandalösesten Entgleisungen seines Blattes durch dessen vormaligen Kolumnisten Staberl. „Es gibt wohl kaum eine zynischere Beschreibung für einen wahnsinnigen Diktator, der sechs Millionen Juden deportieren, foltern und vergasen oder erschießen ließ“ (Pommer). In den KZs der Nazis seien „nur verhältnismäßig wenige der jüdischen Opfer vergast“, der Rest sei „auf andere Weise umgebracht“ worden, „gewiss um kein Haar weniger barbarisch“, schrieb Staberl. Krone, einst und jetzt.

Woanders gäbe es als Antwort auf die triumphale Sauerei des Herrn Pommer einen publizistischen Flächenbrand. Wir sind hier, nicht woanders. Unter anderem, weil die Krone dafür sorgt. Der Falter hört aber nicht auf, das Feuerchen unter dem Hintern der Krone anzufachen. Unter der steten Gefahr, dass diese versucht, Flammen mit Schleim zu löschen.

Weiterhin: keep distance, wash hands, stay human!

Ihr Armin Thurnher

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