Covid 19: Wie weiter? Oder: Experten, Experten!

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 45

Armin Thurnher
am 30.04.2020

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Zu Recht wird in Österreich beklagt, wir wüssten nicht, wer unser Chefepidemiologe oder Chefvirologe sei. Dabei wäre es so einfach wie mit einer Transparenzdatenbank der Finanzhilfen. Man bräuchte nur zu sagen, wer wieviel Geld bekommt.

Bei den Experten müsste man einfach sagen, wer sie sind und wer von ihnen was warum empfiehlt (ein spätes Beispiel hier). Und welchen Schluss die Politik daraus zog, die ja die letzte Entscheidung trifft. Es gibt Länder, die expertengetrieben handeln, Griechenland oder Deutschland zum Beispiel. Österreich, Frankreich, die USA, Großbritannien und andere gehen den anderen Weg. Der politische Vorteil dieses anderen Wegs: permanente Durchschaltung der Politik in Medien. Propaganda statt Transparenz.

Nun kann und muss man Experten differenziert sehen. Thomas Pueyo, der Autor der berühmten Zusammenfassung „The Hammer and the dance“ wurde zu recht als Nicht-Wissenschaftler und Social Media Unternehmer charakterisiert. Er hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, auch nicht, dass es sich um die Arbeit eines größeren Teams handelte. Macht es das, was er sagt, falsch? Mein Virologe empfahl mir seinen Text seinerzeit als Einstieg in die Materie.

Umgekehrt ist der berühmte, gern von Lockdown-Skeptikern zitierte John Ioannidis von Stanford ein untadeliger Wissenschaftler und Wissenschaftskritiker, gerät aber gerade wegen seiner Corona-Aussagen in die Kritik.

Publizist Thomas Pueyo: nicht vom Fach, aber fachlich akzeptiert

Wissenschaftler Ioannidis: angesehen, aber in der Corona-Frage umstritten

Es ist also alles sinowatzoid, sprich sehr kompliziert, vor allem für Leute, die glauben, Corona sei schon vorbei und erledigt. Darum bin ich froh, im Dialog mit meinem Virologen zu sein. In Bezug auf die jetzt stattfindenden Lockerungen – wir befinden uns am Beginn des „Dance Stadiums“, sagt er: „Österreich hat am 14. April damit begonnen, nächste Woche werden wir schlauer. Anfangs konnte man doch ein sehr gebremstes Verhalten der Bevölkerung beobachten, nicht wenige sind misstrauisch (auch ich), erst nach und nach nehmen Aktivitäten und Bewegungen zu, weshalb ich die Beobachtungszeiträume auf 3-4 Wochen (statt maximal 14 Tage) ausgedehnt hätte.

Aber vor allem hätte man den Beginn „Dance“ nicht allein so stark an die Zahl der neu positiv Getesteten und die Zahl der freien Intensivbetten binden dürfen, sondern ein klares (neues) Konzept für „Test, Trace, Isolate“ transparent machen müssen.

Test, Trace, Isolate:

  • Test: Wer darf testen? Beispiel: alle Menschen mit einem akuten Infekt der oberen Atemwege sollten getestet werden. Ist die Bevölkerung genügend aufgeklärt, um sich bei solchen Beschwerden sich sofort an „1450“  zu wenden? Und funktioniert das so, dass spätestens innerhalb von 24 Stunden nach ihrem Anruf die Betroffenen das Testergebnis haben?

  • Trace: Es drängt sich eine Kombination von herkömmlicher Kontaktsuche (Bezirksverwaltungsbehörden) und „App“ auf. Die Übertragbarkeit vor dem Auftreten von Symptomen macht die eh schon nicht sonderliche Effizienz der herkömmlichen Kontaktsuche noch weniger effizient. Gute Funktionstüchtigkeit der „App“ ist erst im Juni zu erwarten.

  • Isolate: Ein Angebot einer humanen Quarantäne (auch Hotels, REHA-Zentren, Krankenhäuser) sollte großzügig zur Verfügung stehen

Und vor allem hätte man das Anlaufen eines normal funktionierenden Gesundheitssystems abwarten müssen. Das bedeutet:

  • Krankenhäuser, Pflegeinstitutionen und Praxen aller Art müssen wieder ihrem normalen Versorgungsauftrag nachkommen können. Schutz und Testen verstehen sich von selbst (beim Testen gibt es ausgeklügelte Systeme, zum Beispiel in Köln).

Vielleicht bleibt das Glück auf unserer Seite, und das Virus kommt ,später’ (erst im Herbst). Und wie beim Lockdown (Hammer) können wir beim Dance wieder von den anderen lernen (selbst wenn Österreich jetzt auch Versuchslabor für die anderen spielt). Ohne Abstand, Maske und manche Verbote (Veranstaltungen, Bars, Discos und anderes) wird es nicht gehen.“

Wir haben also, hier spreche wieder ich, was Sie am volkstümlichen Ton erkennen, den Arsch noch lange nicht bei der Türe draußen.

Keep distance, wash hands, stay human!

Ihr Armin Thurnher

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