Licht in die Medien-Finsternis hinter Kaiser Kurz!

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 39

Armin Thurnher
am 24.04.2020

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„Medien wie Journalismus dürfen nicht Teil eines Exekutiv-Experten-Systems sein oder werden, sondern sie haben funktional wie normativ eigenständig zu operieren. Diese Eigenständigkeit ist im Interesse der Gesellschaft, auch der handelnden Akteure. Die eigenständige Position der Medien gilt es stets zu verdeutlichen. So ist das Auftretenlassen von Regierenden und Expertiseträgern in den Sendungen nicht ein, Nein: es ist das Thema für die Medien. Hier hat insbesondere der Fernsehjournalismus zu gestalten.“

Mit diesen und ähnlichen Worten verkühlte sich der Publizistikprofessor Otfried Jarren, auch dem Falter-Publikum bekannt als Autor in diversen Medienbeilagen des Hauses Falter. Jarren lehrte Publizistik in Zürich, lehrt jetzt in Berlin und ist Präsident der Eidgenössischen Medienkommission. Er war einer der ersten, der wie es hieß, „scharf“ Medien in der Corona-Krise kritisierte. Das kam nicht gut an. Der ehemalige Herausgeber der FAZ, Werner D’Inka, schrieb, was Medienforscher so trieben, „spotte jeder Beschreibung“.

Die Antwort gab ihm ein Kollege Jarrens, Stephan Russ-Mohl. Er lehrt Journalismus in Lugano, leitet das europäische Journalismus-Observatorium und publiziert regelmäßig in der NZZ. Russ-Mohl nannte einen Grund für D’Inkas Zorn: „Daria Gordeeva, Doktorandin an der Universität München, hat in einer ersten Inhaltsanalyse die Corona-Berichterstattung von Spiegel, Süddeutscher Zeitung, FAZ und Bild untersucht. Sie gelangte zu der Erkenntnis, die Kriegs- und Feindrhetorik dieser Medien habe uns regelrecht – wie in einem richtigen Krieg – in die ,schützenden Arme der Exekutive‘ getrieben.“

Russ-Mohl legt ein Dossier nach, in dem er medienkritische und medienwissenschaftliche Befunde versammelt, von Bernhard Pörksen (dem „Thomas Drosten der Medienwissenschaft“) bis zum Ex- Süddeutsche-Redakteur Holger Wormer. Russ-Mohl schließt sein Dossier mit neun Fragen an den Journalismus ab, von Panikmache bis Herdentrieb. Die können und sollen Sie selbst nachlesen. Und in aller Unbescheidenheit sei mir ein kleiner Hinweis auf eine frühe Seuchenkolumne zum Thema erlaubt.

Ich betreibe auf meinem Twitteraccount ein „Büro Thurnher“, in dem auch eine Message-Control Commission angesiedelt ist. Ein Scherz, aber ernst gemeint. Der MCCC fallen laufend Übereinstimmungen auf, die auf einen gemeinsames steuerndes Zentrum der Sprechenden schließen lassen. So gebrauchten zum Beispiel Ohrringministerin Edtstadler und Schwurbelpräsident Sobotka die gleiche Formulierung für den Umgang Österreichs mit Ungarn: „Wir reden lieber mit als über Ungarn“. Das geht bis zu ÖVP-nahen Organisationen und Institutionen wie Rotem Kreuz und Wirtschaftskammer. Der Rote-KreuzChef sagte in der Zeit im Bild 2 „Wir speichern die Daten ja nicht, die speichert der Computer“. Und Karlheinz Kopf, Vizepräsident der Wirtschaftskammer, stellte fest, der Steuerakt werde nur „über eine automatisierte Schnittstelle … gegengeprüft, aber automatisiert. Da schaut kein Mitarbeiter physisch hinein.“

Es war das finstere Merkmal des Feudalismus, dass er quasi aus dem Off zu seinen Untertanen sprach. Die Kabinettspolitik war das Geheime, das Dunkle, aus dem heraus Entscheidungen getroffen wurden. Vorn stand der Monarch im Glanz seiner Erscheinung. Diese strahlte nicht zuletzt deswegen, weil er die Grundlagen seiner Entscheidungen im Dunkeln hielt. Die bürgerliche Revolution richtete sich genau dagegen und brachte Licht in diese Finsternis.

Ich fordere: Licht in die Finsternis der Phrasendrechsler hinter Kaiser Kurz und seinen Paladinen! Wer sind die Leute, die sich anmaßen, unsere Hirne zu verdrehen und unseren Sprachgebrauch zuzurichten? Zeigt euch, tretet ins Licht, auf dass wir euch kritisieren und mit euch in einen Dialog treten können! Wir wollen euch und eure Arbeit sehen, nicht nur eure Sprechpuppen!

Keep distance, wash hands, stay human!

Ihr Armin Thurnher

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