Treffpunkt Trump Tower

Vor dem Luxus-Wolkenkratzer in Manhattan halten einige Trump-Unterstützer Stellung. Was treibt sie an?


ANNA GOLDENBERG

26.10.2016

Weil Donald Trump gegen Korruption sei, will Elena ihn wählen (c) Anna Goldenberg

Weil Donald Trump „gegen Korruption“ ist, will Elena ihn wählen
(c) Anna Goldenberg

“Was ist eigentlich aus diesem Typen Haider geworden?”, will Gary wissen, nachdem ich die Frage nach meiner Herkunft wahrheitsgemäß beantwortet habe. Er sei 2008 bei einem Autounfall ums Leben gekommen, sage ich. “Aha!” Gary sieht mich triumphierend an. Er ist ein großer Mann mit grauem Dreitagesbart, Sonnenbrillen und einer schwarzen Schirmkappe, auf der “Trump — Make America Great Again” steht. “Solche wie den hätte ich früher zusammengeschlagen”, erklärt er. “Ich war nämlich mal Trotzkist.”

Heute steht er vor dem Trump Tower, dem 1983 fertiggestellten, verglasten Büro- und Apartmentkomplex auf New York Citys teuerster Einkaufsstraße, der Fifth Avenue in Manhattan. Donald Trump bewohnt das dreistöckige 100-Millionen-Dollar-Penthouse, von dem er behauptet, es sei im 66. Stock; tatsächlich hat das Haus aber zehn Stockwerke weniger. Auf dem Gehsteig, im Gedränge zwischen shoppenden Touristen und eiligen Menschen in Anzügen, halten eine Handvoll Unterstützer Stellung für den republikanischen Präsidentschaftskandidaten. Was treibt sie an?

Eine Trump-Unterstützerin auf der Fifth Avenue in Manhattan (c) Anna Goldenberg

Eine Unterstützerin des republikanischen Präsidentschaftskandidaten auf der Fifth Avenue in Manhattan
(c) Anna Goldenberg

Elena, eine Lehrerin um die 60, packt aus. Einen Federballschläger zieht sie aus ihrer Handtasche; an diesen hat sie mehrere dicht bedruckte Zettel geklebt, einige sehen aus wie Gerichtsdokumente. Vom Schläger flattert eine Kette falscher Geldscheine. Ob ich das kurz halten könnte, fragt sie. Klar, erklärt sie mir dann auch, worum es geht? Elena zaubert eine massive Holzwaage aus ihrer Tasche, klemmt sich eine Plastikbrille mit aufgedruckter Amerikaflagge auf die Nase und legt los: Ihr ehemaliger Anwalt habe in ihrem Namen ein Verfahren angezettelt, und sie habe Geld verloren. Nur Trump könne ihr helfen, denn der sei gegen Korruption.

Ihre Antwort auf meine Frage, ob sie die Sache mit dem Gerichtsverfahren genauer erklären könnte, geht in einem lauten Getröte unter. Johnny, der sich als “unabhängiger Pastor aus Washington DC” vorstellt und ein Trump-T-Shirt über sein Sakko gezogen hat, bläst nämlich in ein gebogenes Schofarhorn, normalerweise ritueller Teil der hohen jüdischen Feiertage. Nicht hier: “Ich trompete für Trump.”

Gary und Johnny wollen für Trump stimmen, weil sie in ihm einen friedenbringenden Präsidenten sehen. “Ich war gegen Bush und gegen den Irak-Krieg”, sagt Johnny. Gary, der bei den letzten zwei Präsidentschaftswahlen für Obama gestimmt hat, begann Trump zu unterstützen, als dieser dafür kritisiert wurde, den russischen Präsidenten Putin zu verteidigen. Was daran schlecht sein soll, freundlich zueinander zu sein, ist ihm unerklärlich: “Oder wollen wir die Welt in die Luft sprengen?”

Vor dem Trump Tower treffen sich Touristen, Trump-Unterstützer — und Journalisten (c) Anna Goldenberg

Der Trump Tower ist ein Treffpunkt für Touristen, Trump-Fans — und gelegentlich Journalisten
(c) Anna Goldenberg

Die beiden Männer wechseln sich bei der Beschallung der kleinen Kundgebung ab. Macht Johnny eine Tröt-Pause, hilft Gary mit einem Sprechgesang aus: “President — Trump. President — Trump. President — President — President — Trump.” Ein japanisches Fernsehteam filmt ihn dabei. Er erkundigt sich, was “Präsident” auf Japanisch heißt, und skandiert dann “Daitouryou Trump” in die Kamera. Immer wieder bleiben Menschen stehen, um Fotos zu machen. Mehrere Polizisten beobachten mit freundlich-gelangweilter Miene das Treiben. Seit Trump kandidiert, wurden die Einsatzkräfte hier verstärkt.

Was gibt es eigentlich in der Lobby des Trump Towers zu sehen? Viel Gold und rötlicher Marmor, ein 18-Meter-Wasserfall. Vor dem Geschäft, in dem Ivanka Trumps Mode- und Schmuckkollektion verkauft wird, sind gegen 18 Uhr bereits die Rollläden runtergelassen; in mehreren Vitrinen kann ich jedoch allerlei Trump-Produkte bewundern: Stofftiere und Kinderkleidung von Eric und Ivanka Trump, ein Deodorant, das “Success” heißt (danke, Donald!), und jede Menge T-Shirts und Kappen mit dem Kampagnenslogan “Make Amerika Great Again.” Mit der Rolltreppe kann man einen Halbstock hinauffahren, dort ist ein Starbucks. Erschöpft aussehende Touristen surfen auf ihren Smartphones im Internet. Das Buffet-Restaurant im Untergeschoß ist bereits zu; es ist kaum jemand da. Auf einem der Tische packt eine muslimische Familie ihre Jause aus.

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