Zwischen Pferderennen und Klamauk

Am Mittwoch Abend trafen die beiden Präsidentschaftskandidaten zum letzten Mal bei einer Debatte aufeinander. Mit Politik hat das wenig zu tun


ANNA GOLDENBERG

20.10.2016

Vor der Debatte wird die Stimmung angeheizt: Bitte tweeten! (c) Anna Goldenberg

Vor der Debatte wird die Stimmung angeheizt: Bitte tweeten!
(c) Anna Goldenberg

Als Mensch der schreibenden Sorte ist man gerne bei historischen Momenten dabei. Auch wenn diese sich hauptsächlich dadurch kennzeichnen, dass andere schreibende Menschen sie als solche bezeichnen. Das bedeutete, dass die letzte Debatte der beiden Präsidentschaftskandidaten Hillary Clinton und Donald Trump am Mittwoch Abend unbedingt im Getümmel angesehen werden musste. Denn ein historischer Moment am Sofa zählt nicht.

In Midtown, einige Blocks vom Empire State Building entfernt, hat die Clinton-Kampagne eine große Bar samt Terrasse gemietet, und verschiedene wahlwerbende Organisationen dorthin eingeladen. Jeder darf hinein, aber bitte Ausweis zeigen, und die leere Plastikflasche muss draußen warten. Beim Eingang muss man sich auf den bereitgestellten MacBooks mit E-Mailadresse registrieren und kann gleich angeben, ob man bei der Kampagne mithelfen will. Im Inneren ist es voll; der Großteil des Publikums sieht aus, als wären sie direkt von ihrer Arbeit in einer der umliegenden Consultingfirmen oder Rechtskanzleien gekommen. Viele junge Menschen und Frauen sind dabei.

Von einer kleinen Bühne wird durchgesagt, man solle kräftig tweeten, und zwar bitte mit diesem und jenem Hashtag. Blöd nur, dass der Handyempfang sehr schwach ist. Es ist voll und heiß.

Los geht’s. Auf rund 30 Fernsehern wird die anderthalbstündige Debatte mitverfolgt. Dazwischen schlängeln sich Kellner, die Burger und Pommes servieren. „Excuuuuse me. Excuuuuuse me.“ Die Stimmung ist blendend. Enthusiasmus für Clinton, Lachen und pikiertes Kopfschütteln für Trump. Halb Pferderennen, halb Klamauk. Hier ist man sich einig, dass man den republikanischen Kandidaten nicht ernst nehmen kann. Gibt Clinton eine besonders schlagfertige Antwort — etwa als sie sagt, Putin hätte lieber eine Marionette als Präsident, oder als sie erklärt, während sie die Ermordung von Osama Bin Laden mitverfolgt, habe Trump seine Fernsehshow „Celebrity Apprentice“ gehostet — springen mehrere Zuseher begeistert auf. Es wird laut geklatscht und gejubelt. Als Trump verkündet, im Land gäbe es einige „schlechte hombres“, die raus müssten, geht ein erschrockenes Raunen durch den Raum. Echt jetzt? Einige halten sich überrascht die Hand vor den Mund.

Der Schock währt nicht lange, denn es muss weiter mitgefiebert werden. Den Fragen über die Clinton Foundation weicht Clinton geschickt aus, indem sie ihre Organisation, die Spenden von ausländischen Regierungen annahm, mit der Trump Foundation, die ein knapp zwei Meter hohes Bildnis von Trump finanzierte, vergleicht. Auch später, als Trump sagt, er werde noch nicht verraten, ob er die Wahlergebnisse akzeptiert, und Clinton erwidert, das sei lustig, wenn es nicht gleichzeitig so furchtbar wäre, wird gelacht. Bei Clintons einminütigen Abschlussstatement wird es beinahe ganz still. Anschließend tosender Applaus.

Ein junger Mann klettert auf die Bühne. „Hat Trump die Debatte gewonnen?“ Alle wissen die richtige Antwort: „NOOOOOOOO!“ — „Hat Hillary Clinton gewonnen?“ — „YEAAAAAAAAH!“ Schnell leert sich die Bar. Morgen ist schließlich ein Arbeitstag.