„Ich zieh’ nicht gern um, weil ich zu faul dazu bin. 1971 bin ich in die Neubaugasse gezogen, ’93 bin ich in die Lindengasse übersiedelt und hier geblieben. Die Wohnung ist super, weil sie total finster ist, sie liegt im Parterre und hat einen Garten. Ich mag keine sonnigen Wohnungen, da werde ich wahnsinnig. Die Einrichtung ist total kitschig, aber ich liebe sie. Ich will hier nicht weg, weil die Infrastruktur super und man versorgt ist.
Der Siebte ist ein Superbezirk, auch wenn er mir manchmal ein bisschen zu bobo, zu schickmicki ist. Ich finde es übertrieben, wenn in einer Gasse drei Bars liegen, die dann im Endeffekt alle gleich aussehen. Aber es gibt auch andere Lokale, etwa das Europa. Ein alteingesessenes Lokal, das ich auch einmal geleitet habe. Nachdem ich im U4 aufgehört habe, bin ich direkt am nächsten Tag ins Europa gegangen. Ich war ja schon überall Chefin – entsetzlich eigentlich. Zu meiner Zeit, in den Achtzigerjahren, war das noch ein Filmlokal. Damals traf sich die ganze österreichische Filmszene dort, vom Team um „Müllers Büro“ bis zu einem Stammtisch um Harald Sicheritz – alle waren dort, jeden Tag, es war super.
Ansonsten gibt es im Siebten ein paar wirklich geniale Geschäfte, das beste ist das Burggasse 24, das an eben dieser Adresse liegt: ein riesiger Secondhand-Laden mit Kaffeehaus. Der Raum ist ein Wahnsinn, die alten Lastenaufzüge existieren immer noch, die Böden sind unverändert. Es gibt schon ein paar hier, die einfach Geschmack haben, andere haben keinen – aber so ist das halt.“ Protokolliert von Levin Wotke
Marianne Kohn ist Clubbetreiberin, Mitbegründerin des U4, leitete das Europa und führt heute die Loos Bar im ersten Bezirk. Vor ihrer Zeit in der Wiener Clubszene arbeitete Kohn im Filmschnitt für die italienischen Kultregisseure Fellini und Pasolini